AfD macht „Masseneinwanderung“ für Wohnungsnot verantwortlich

28.09.2016 
Redaktion
 

Stuttgart. Die Landesregierung will die verschiedenen Förderprogramme für den Wohnungsbau zu einem Programm zusammenführen. Dies kündigte Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, am Mittwoch im Landtag an. Damit solle eine Neiddebatte durch unterschiedliche Förderungen verhindert werden, sagte die CDU-Politikerin in der ersten Plenarsitzung nach der Sommerpause.

Gleichzeitig stellte Hoffmeister-Kraut klar, dass der Hauptbeitrag zum Wohnungsbau „nicht vom Land allein kommen kann“. Auch Genossenschaften oder Private seien gefordert. Im Wohnungsbau müsse langfristig gedacht werden; deshalb wolle sie, nicht zuletzt durch die im Juni konstituierte Wohnraumallianz, Voraussetzungen für eine Verstetigung des Wohnungsbaus schaffen.

In der von der Alternative für Deutschland (AfD) beantragten Aktuellen Debatte „Defizite der Wohnungsbaupolitik und politisches Handeln unter dem Einfluss der Masseneinwanderung und der allgemeinen Wohnungsnot in Baden-Württemberg“ kritisierte die AfD die Wohnungsnot im Südwesten. AfD-Fraktionschef Heiner Merz machte die zugewanderten Flüchtlinge für die Engpässe auf dem Wohnungsmarkt mit verantwortlich. Durch die „Masseneinwanderung“ sei eine dramatische Situation auf dem Wohnungsmarkt entstanden, was aber die etablierten Parteien nicht wahrhaben wollten.

Mehr als 100 000 der in Baden-Württemberg aufgenommenen Flüchtlinge, von denen nach Ansicht von Merz „die meisten hier bleiben wollen“, würden Wohnungen suchen. Dazu käme weiterer Bedarf durch Familiennachzug. Weder die grün-schwarze Landesregierung, noch das Bundesamt für Migration habe dazu einen Plan, wie die Menschen untergebracht werden könnten. Die Aufgabe falle den Kommunen zu, die die Zeche bezahlen müssten, kritisierte Merz. Die von der Landesregierung ins Auge gefasste erneute Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 5 auf 6,5 Prozent bezeichnete der AfD-Politiker als „Armutszeugnis“ für diese und die Vorgänger-Regierung. Gleichzeitig würde sich niemand um die Wohnungsnot der 23 000 Obdachlosen im Südwesten kümmern.

Grüne: AfD schürt Neid-Debatte

Abgeordnete von Grünen und CDU wiesen die Vorwürfe zurück. Die AfD schüre eine Neid-Debatte, sagte Susanne Bay (Grüne). Schon Grün-Rot habe die Mittel für den sozialen Wohnungsbau von 45 auf 75 Millionen Euro erhöht. Außerdem würden 30 Millionen Euro Landesmittel bereit gestellt. Für Grün-Schwarz sei Wohnen ein Schwerpunkt-Thema, mit dem zielgenau Wohnraum für Alle geschaffen und nicht einzelne Gruppen gegeneinander ausgespielt werden soll. 250 Millionen Euro sollen ins Programm fließen. Bay verwies auf die Wohnsitz-Auflage für Flüchtlinge, mit der der Zuzug gesteuert und ein Ausgleich bei der Belastung der Kommunen erreicht werden könne. Überhaupt seien Zuwanderung und ein angespannter Wohnungsmarkt kein neues Phänomen. Seit 1952 sei die Einwohnerzahl von Baden-Württemberg um 4,2 Millionen gestiegen, darunter 3,1 Millionen Zugewandert, sagte die Grünen-Abgeordnete. Und deshalb bestehe nun auch der Auftrag, aus Flüchtlingen Mitbürger werden zu lassen. Dies gelte nicht für abgelehnte Asylbewerber. „Freiwillige Rückkehr hat Vorrang. Sonst schieben wir ab“, sagte Bay.

Auch Tobias Wald (CDU) wies die Kritik der AfD zurück. Die Wohnungsnot rechtfertige nicht, den Untergang des Abendlandes zu beschwören. Die Schaffung von ausreichendem Wohnraum sei erklärtes Ziel der Landesregierung und eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“. Wohnraum müsse dort entstehen, wo genügend Bauland vorhanden sei. Dies könne zur Entspannung bei den Baupreisen führen. Der CDU-Abgeordnete forderte gleichzeitig ein einheitliches, vereinfachtes Antragsystem, um schneller an Fördermittel zu kommen. Außerdem müsse Wohnen im Ländlichen Raum attraktiver werden. Wald wies auch darauf hin, dass die AfD in der konstituierenden Sitzung der neuen Wohnraum-Allianz im Juni „unentschuldigt gefehlt“ habe.

SPD fordert mindestens 50 000 Wohnungen im Jahr

Daniel Born (SPD) kritisierte, die AfD wolle nicht über Wohnungspolitik reden, sondern die Gesellschaft spalten. „Das werden wir nicht zulassen.“ Er stellte fest, dass der Wohnungsmarkt in Groß- und Universitätsstädten dramatisch angespannt sei und durch die Flüchtlinge noch dramatischer geworden sei. Allerdings habe Grün-Rot schon die Mittel für den Wohnungsbau deutlich aufgestockt. Doch obwohl jüngst 36 000 Wohnungen neu gebaut wurden, reiche dies nicht aus. Baden-Württemberg brauche mindestens 50 000 Wohnungen im Jahr. An die Grünen gewandt forderte Born, zuzulassen, dass Flächen gefunden werden, auf dem Wohnungen gebaut werden könnten.

Gabriele Reich-Gutjahr (FDP) sprach sich für eine Subjektförderung statt der üblichen Objektförderung aus.  Dies sei der bessere Weg, sagte die Liberale. Auch sie warnte Grün-Schwarz vor einer Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Bereits die von Grün-Rot durchgesetzte Grunderwerbsteuer-Erhöhung auf 5 Prozent in der vergangenen Legislaturperiode habe neben den Änderungen der Landesbauordnung und der Mietpreisbremse dazu geführt, dass Menschen „weniger Lust am Boden“ zeigten. Wohnungsbau beschäftigte die Bevölkerung, zumal es keinen Überschuss an Wohnraum im Land gebe. Allein in den vergangenen fünf Jahren seien 67 000 Menschen in die Region Stuttgart zugewandert. Durch die Flüchtlinge habe sich das Problem verschärft. Reich-Gutjahr geht jedoch davon aus, dass die Flüchtlinge, wenn kein Schutzbedürfnis mehr besteht, wieder in ihre Heimat gehen. 

Aus Sicht von Jörg Meuthen (ABW) sind Angebot und Nachfrage bei Wohnraum in Baden-Württemberg „völlig aus dem Ruder gelaufen“. Nicht zuletzt Auflagen hätten die Baukosten in die Höhe getrieben. Die „Wohlstands-Grünen vom Killesberg“ könnten dies bezahlen, viele andere jedoch nicht, sagte Meuthen. Er bezeichnet es als Fehler, die Abschreibung für den Wohnungsbau abzuschaffen. Außerdem warnte er vor Sozialbauten, mit denen man „Ghettos schaffen“ würde. Dem Land drohe ein „verheerender Verteilungskonflikt“ im Wohnungsbau, warnte er.


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