„Strobls kleine Staatskanzlei“ komplett: Landtag winkt Staatssekretär durch

28.09.2016 
Redaktion
 

Stuttgart. Jetzt ist es amtlich: Martin Jäger (52), Diplomat und bisherige Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), wird verbeamteter Staatssekretär im Stuttgarter Innenministerium. Mit den Stimmen von Grünen und CDU beschloss der Landtag von Baden-Württemberg am Mittwoch die entsprechenden Änderungen des Landesbeamten- und des Landesbesoldungsgesetzes. Der gebürtige Ulmer übernimmt am kommenden Dienstag im von Thomas Strobl (CDU) geführten Innenministerium die mit monatlich 12 650 Euro dotierte Spitzenposition in der Besoldungsgruppe B 10. Strobl, Schwiegersohn von Schäuble, und Jäger kennen sich sehr gute aus gemeinsamen Berliner Zeiten.

Die Oppositionsparteien SPD, FDP und die beiden Gruppierungen der Alternative für Deutschland (AfD) kritisierten die Schaffung des Spitzenamtes. Rainer Stickelberger (SPD) sprach von „Strobls kleine Staatskanzlei“ und nannte Jäger einen „Spiegel-Murawski“. Bisher wird in der Landesregierung nur der Amtschef im Staatsministerium, Klaus-Peter Murawski (Grüne), nach B 10 bezahlt.

Eigentlich wollten die Regierungsfraktionen die Gesetzesänderung ohne Aussprache durchs Parlament bringen, weil es auch im federführenden Finanzausschuss am 22. September keine Gegenargumente gegeben habe, wie Markus Rösler (Grüne) in der Debatte sagte. Doch die FDP bestand auf eine Debatte im Landtag. Über die elf neuen Stellen – vom Parlamentsrat in der Besoldungsgruppe B 2, dem Leitenden Parlamentsrat in B 4 sowie Parlamentsräte in den Gruppe A 13 bis A 16 – bestand fraktionsübergreifend Konsens, weil damit der parlamentarische Beratungsdienst für alle Fraktionen gestärkt werden soll.

Doch die „Aufrüstung“ im Ministerium des stellvertretenden Ministerpräsidenten Strobl sorgte für großen Unmut. Neben Rösler versuchte auch Tobias Wald (CDU) die Parlamentskollegen zu beruhigen; die Kosten aller Stellen seien im dritten Nachtragshaushalt bereits berücksichtigt, weshalb die Regierungsfraktionen in ihrem Gesetzentwurf auch „keine Kosten“ für die öffentlichen Haushalte und für Private auswiesen. CDU-Mitglied Jäger sei als Journalist, Diplomat, in der freien Wirtschaft, in der Terrorabwehr und im Ministerium erfahren und ein Spitzenmann, argumentierte Wald.

Stickelberger fragte: „Was macht Herr Jäger eigentlich konkret?“. Die SPD mache die „politische Aufblähung im Innenministerium“ nicht mit. Diese „Vetterleswirtschaft“ passe zu den Geheimpapieren von Grünen und CDU, kritisierte Heinrich Fiechtner (ABW). Strobl führe die Wähler an der Nase herum und wolle ein eigenes Machtzentrum aufbauen, um später selbst Ministerpräsident zu werden. „Wir brauchen keine zweite Staatskanzlei“, sagte Fiechtner.

So sieht es auch die FDP. Andreas Glück mutmaßte, die CDU wolle „auf Augenhöhe“ mit den Grünen sein und schenke sich bei den Stellen „voll ein“. Die B 10-Stelle aber habe es noch nie gegeben und sei auch nicht notwendig. Er warf der Landesregierung vor, bei den kleinen Beamten zu sparen und die „Großkopferten“ aufzuwerten. Dies sei „ganz, ganz schlechter Stil“. Dieses Postengeschacher bringe Wasser auf die Mühlen „derer, die wir im Parlament nicht haben wollen“, urteilte Glück. Emil Sänze (AfD) sieht in der Personalpolitik der Landesregierung eine „Versorgungswut für Parteifreunde“.

Strobl reagierte gelassen auf die Vorhaltungen. Auf Baden-Württemberg kämen „große Herausforderungen“ im Rahmen der Terrorbekämpfung und der Digitalisierung zu, deshalb sei Jäger – „eine außerordentlich erfahrene Persönlichkeit“ - der richtige Mann für die Aufgabengebiete Innere Sicherheit und Landespolizeipräsidium. Außerdem soll der in Berlin als „the brain“ bekannte Jäger die Bereiche  Bevölkerungs- und Verfassungsschutz, Krisenmanagement und Abschiebung von Flüchtlingen übernehmen. Ministerialdirektor Julian Würtenberger bleibe Amtschef.


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