Landtag beschließt Etat des Innenministeriums

08.02.2017 
Von: Wolf Günthner
 
Redaktion
 

Stuttgart. In zweiter Lesung haben die Regierungsfraktionen von Grünen und CDU am Mittwoch im Rahmen der Haushaltsberatungen den Einzelplan 03 für das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration beschlossen. Der Etat sieht ein Volumen von 3,8 Milliarden Euro und damit 1,05 Milliarden Euro mehr als 2016 vor. Innenminister Thomas Strobl (CDU) sprach von einem „guten Haushalt“ mit einer „Ballance zwischen Konsolidieren und Investieren“. Auch er verfolge das Ziel, die Verschuldung des Landes von gegenwärtig 48 Milliarden Euro zu stoppen. „Wir werden die Politik auf Pump beenden“, kündigte der CDU-Politiker an.

Ein Schwerpunkt des Haushalts liege auf der Stärkung der Sicherheitsbehörden, erklärte der Minister. Die Sicherheitsbehörden im Südwesten seien gut aufgestellt und das Land arbeite daran, dass dies so bleibe. „Es gibt kein Zurückweichen vor dem Recht“, sagte Strobl. Von den 1500 für diese Legislaturperiode angekündigten neuen Stellen bei der Polizei würden in diesem Jahr 381 geschaffen. Damit werde die Polizeidichte in der Fläche erhöht. Außerdem seien 155 Stellenhebungen vorgesehen, die besonders dem mittleren Dienst zugutekommen sollen. „Wir stärken den gesamten Sicherheitsbereich“, sagte Strobl. Dazu gehöre auch, dass „wir uns mit Einbruchdiebstählen nicht abfinden werden“.

1,5 Millionen Euro gibt es für Bekleidung von Polizisten, für eine bessere technische Ausstattung sind16 Millionen Euro vorgesehen. Zwei Millonen Euro stehen für eine neue Antiterroreinheit beim Landeskriminalamt zur Verfügung. Für Betriebskosten, Fuhrpark und Informationstechnik stehen 4,4 Millionen Euro bereit. Der Verfassungsschutz erhält zusätzlich 300 000 Euro. Eine Million Euro werden für die Beobachtung von Gefährdern eingesetzt.

Angebot an Beamte, länger zu arbeiten

Im Bereich der Digitalisierung stelle Grün-Schwarz ein Innovations- und Nachhaltigkeitspaket im Umfang von 101,2 Millionen Euro bereit, so Strobl. Ziel sei ein flächendeckend schnelles Internet. Neun neue Stellen sollen im Bereich IT-Sicherheit geschaffen werden.

Allerdings wies der Minister auch auf die „Durststrecke“ durch eine „sehr starke Pensionswelle“ hin, die bei der Polizei einen starken Abgang bringe. Mit dem Angebot an Beamte, länger freiwillig im Dienst zu bleiben, sowie massiven Neueinstellungen will der Minister den Personalstand halten und verbessern. Im Bereich der Migration spielen dem Minister die sinkenden Flüchtlingszahlen in die Hände. Es würden 150 Millionen Euro weniger für die Versorgung der Flüchtlinge gebraucht. 23 000 Migranten werden 2017 erwartet.

Regierungsfraktionen bewerten Haushaltsplan positiv

Die Regierungsfraktionen bewerteten den Einzelplan 03 positiv. Der Etat erfülle die Erwartungen und bringe „ein hohes Maß an Sicherheit“ für die Bürger, konstatierte Hans-Ulrich Sckerl (Grüne). Grün-Schwarz reagiere punktgenau auf den Berliner Anschlag, denn Gefährder gebe es auch in Baden-Württemberg. Sckerl: „Ihre Zahl nimmt zu.“ Das Land verfüge bereits über einen hohen Standard in der Terrorbekämpfung. Es werde kein massenhafter Pauschalverdacht geäußert, sondern der Blick „gezielt“ auf Gefährder gerichtet und rechtsstaatliche Möglichkeiten ausgenutzt, sagte Sckerl. „In der Summe ist dies ein gutes Gesamtpaket“, bewertete der Grüne den Etat des Innenministeriums und stellte fest: „Die Innere Sicherheit ist eine zentrale Säule unserer Politik.“ Sckerl lobte auch die Breitbandoffensive: „Wir schaffen Breitband bis ins letzte Schwarzwaldtal.“

Auch Thomas Blenke (CDU) sieht das Land gut gewappnet für die gewaltigen Herausforderungen. Der Terror sei in Deutschland angekommen, die Mittel für den Verfassungsschutz deshalb notwendig. Außerdem will die CDU mit dem Projekt „Wachsamer Nachbar“ die Bürger vor Einbrüchen schützen. Gemeinden sollen die Mehreinnahmen aus der Feuerschutzsteuer bekommen, auch Hilfsorganisationen wie die Wasserrettung und Bergwacht werde Grün-Schwarz unterstützen.

Kritik: Polizeihochschule ist überfüllt

Die Opposition sieht den Innen-Etat kritischer. Die Polizeihochschule in Villingen-Schwarzwald, konzipiert für 450 Studenten, sei mit 800 Studenten überfüllt, die Dozenten überlastet, Unterkünfte würden fehlen und auf den Schießbahnen gebe es lange Wartezeiten, bemängelte Lars Patrick Berg (AfD). Deshalb habe die AfD einen Änderungsantrag gestellt, um der Hochschule 500 000 Euro zur Erweiterung zur Verfügung zu stellen. Dieser wurde, wie weitere neun Anträge der AfD, sechs Anträge der SPD und ein Antrag der FDP, von Grün-Schwarz abgelehnt. Berg wies auch auf die Respektlosigkeit gegenüber Polizisten hin; diese seien inzwischen „Prügelknaben der Nation“, weshalb er „mehr Rückendeckung“ für die Polizei forderte.

Sascha Binder (SPD) sprach von „einer Show“, die Grüne und CDU beim Thema Inneres „scheinheilig“ zeigten. Für die Grünen gelte immer noch nicht der Schutz der Menschen durch den Staat, sondern der Schutz der Menschen vor dem Staat. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ducke sich weg, wenn Innenminister Strobl Vorschläge mache. „So regiert man kein Land“, kritisierte Binder. Er forderte einen „handlungsfähigen Staat“ als Antwort auf die Bedrohung. Allerdings ist nach seiner Einschätzung „das Wort Sicherheitspaket nichts wert“. So würden die 16 neuen Stellen beim Verfassungsschutz „bei der Polizei weggenommen“. Grün-Schwarz werde es auch nicht schaffen, bis 2021 die 1500 neuen Stellen bei der Polizei zu schaffen, ist sich Binder sicher.

Forderung nach weiteren Ausbildungsstandorten für Polizei

Auch Ulrich Goll (FDP) geht davon aus, dass durch die Pensionierungen bei der Polizei in den nächsten drei Jahre das Personal abgebaut und nicht aufgestockt werde. Auch die verfehlte Polizeireform von Grün-Rot zeige immer noch negative Auswirkungen. „Der Aufbau beginnt erst 2022“, sagt der ehemalige Justizminister. Er schlug vor, dringend weitere Ausbildungsstandorte neben Villingen-Schwenningen einzurichten, etwa in Wertheim, und intensiv Bewerber für den Polizeidienst zu suchen. Außerdem hält er die „Demontage des freiwilligen Polizeidienstes“ für falsch. Goll begrüßte allerdings den Aufbau von Stellen beim Verfassungsschutz; nicht verstehen könne er jedoch, dass Polizeistellen in andere Bereiche verschoben würden.

Aus Sicht des Liberalen ist die Senkung der Eingangsbesoldung für Beamte nicht nur rechtswidrig, sondern auch schädlich für die Attraktivität des öffentlichen Dienstes. Skepsis überwiegt bei ihm auch bei den Breitbandzielen der Regierung, denn in vielen Teilen des Landes gebe es „keine oder nur eine schlechte Verbindung ins Internet“. Bei der Migration erwartet Goll ein geordnetes Einwanderungsverfahren und von den Migranten ein „Bekenntnis zum Grundgesetz und den europäischen Werten“. Viele kämen nach Baden-Württemberg „nicht mit dem Ziel, hier einen legalen Lebenswandel zu führen“. Sorgen bereiten ihm steigende Kriminalität, überfüllte Gefängnisse und ungeordnete Einwanderung. Die Sicherheitspläne von Grün-Schwarz und des Innenministers seien nicht alle schlecht, es gebe aber „gewaltige Schwachstellen und große Löcher“.


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