Zweite Lesung der Haushaltsberatungen abgeschlossen

10.02.2017 
Redaktion
 

Stuttgart. Mit den Beratungen der Einzelpläne für den Verfassungsgerichtshof, das Finanzministerium und die Allgemeine Finanzverwaltung, des Staatshaushaltgesetzes sowie des Haushaltsbegleitgesetzes und der Mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 2016 bis 2020 hat der Landtag von Baden-Württemberg am Freitag die zweite Lesung des Landeshaushalts 2017 abgeschlossen. Mit ihrer Mehrheit stimmten die Regierungsfraktionen von Grünen und CDU den Vorlagen zu.

Der Etat mit Einnahmen und Ausgaben 47 864 170 400 Euro soll am 22. Februar vom Parlament in dritter Lesung verabschiedet werden. Der Haushalt 2017 ermögliche zusätzliche Investitionen in die Substanz, die Zukunftschancen und den Zusammenhalt des Landes. Er sei ein wichtiger Schritt zur dauerhaften Einhaltung der Schuldenbremse, sagte Finanz-Staatssekretärin Gisela Splett (Grüne) in der Debatte. Mit dem Etat gelinge es, das strukturelle Defizit im Jahr 2020 um ein Drittel auf unter 2 Milliarden Euro zu senken.

Der Haushalt sei sparsam, solide und innovativ, konstatierte Splett. 800 Millionen Euro würden dauerhaft eingespart, aber nur 150 Millionen Euro mehr ausgegeben. Das Land nutze Spielräume aus Steuereinnahmen, um in diesem Jahr „kräftig in die Substanz, die Zukunftschancen und den Zusammenhalt unseres Landes zu investieren“. Beispielhaft nannte sie zusätzliche Ausgaben für die Ausstattung der Polizei (20 Millionen), die Sanierung von Landesgebäuden (76,5 Millionen), die Sanierung von Landesstraßen (90 Millionen), für Digitalisierung (100 Millionen) und den Pakt für Integration mit den Kommunen (160 Millionen). Zusätzlich würden 381 Polizisten eingestellt.

Splett kritisierte die Oppositionsfraktionen für deren Vorschläge im Finanzausschuss. Die AfD habe viele Kürzungsanträge eingereicht, manche von „handwerklich eher zweifelhafter Qualität“, aber auch von „erschreckendem Inhalt“. Die SPD habe Mehrausgaben-Wünsche von 250 Millionen Euro geäußert und Schuldentilgung in Höhe von 411 Millionen Euro gefordert, und zwar ohne Gegenfinanzierung. Noch mehr Schuldentilgung (611 Millionen) habe die FDP verlangt, aber nicht gesagt, woher das Geld kommen soll.

Nachhaltigkeit, Innovation und gesellschaftlicher Zusammenhalt, seien die drei Aspekte des Haushaltsplans, erklärte Markus Rösler (Grüne). Zum dritten Mal nacheinander mache das Land keine Schulden und baue das strukturelle Defizit ab. Er gehe davon aus, dass Baden-Württemberg die Schuldenbremse von 2020 an „souverän und verlässlich“ einhalten kann. Rösler lobte die einzelnen Ministerien, die auf Verlangen von Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) die Sparsumme von 390 Millionen Euro erbracht hätten. „Der Haushalt ist nicht auf Kante genäht. Wir bilden ausreichend Rücklagen für die Haushaltsrisiken“, sagte der Grünen-Abgeordnete. Mit „kräftigen Innovationen“ in Digitalisierung, Breitbandausbau, E-Mobilität, Natur- und Klimaschutz, für Hochschulen und Verpflichtungserklärungen übernehme Grün-Schwarz „Verantwortung für die Zukunft“. Die Regierung starke außerdem die Innere Sicherheit, schaffe bezahlbaren Wohnraum und investiere in die Integration. Außerdem bekämen die Kommunen „frisches Geld“.

Tobias Wald (CDU) bewertete es positiv, dass „wir endlich wieder ein eigenes Finanzministerium haben.“ Es bestünden keine Interessenkonflikte mehr, die Finanzen stünden im Mittelpunkt. Unter Grün-Rot waren die Ministerien für Finanzen und Wirtschaft zum Superministerium unter Führung von SPD-Chef Nils Schmid zusammengefasst worden. Die Regierungsfraktionen hätten in zweiter Lesung „deutliche und eigene Akzente“ mit Änderungsanträgen gesetzt. Als Beispiele nannte Wald das Paket zur Inneren Sicherheit, die Mittelaufstockung im Verkehr und Hochbau, das „Megathema Digitalisierung“ („alle kommunalen Anträge auf Breitbandförderung sollen bedienst und kein Landesteil benachteiligt werden“), aber auch Geld für Mehrlingsgeburten, das Landärzteprogramm und Stipendien für junge Mediziner im ländlichen Raum. Alle Programme seien nur durch die Änderung der Vorschrift in Paragraf 18 der Landeshaushaltsordnung (LHO) zur Schuldenbremse möglich gewesen, erklärte der CDU-Abgeordnete. Seine Fraktion strebe einen Pakt mit den Beamten an, hierzu zähle auch die Senkung der Eingangsbesoldung. Auch der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst und dessen schnelle Übertragung auf die Beamten solle berücksichtigt werden. Da die Deckungslücke in der mittelfristigen Finanzplanung „noch immer extrem hoch“ sei, wolle die CDU ein Gesamtkonzept zur Tilgung von Altschulden schaffen.

Emil Sänze (AfD) nannte es „erfreulich“, dass Baden-Württemberg in diesem Jahr mit 36 Milliarden Euro Steuereinnahmen rechnen kann. Er warnte jedoch auch vor den Folgen der global unsicheren Zeiten. „Gigantische Herausforderungen“ seien auch im Südwesten zu bewältigen, durch die Digitalisierung, den Umbau der Mobilität aufgrund neuer Antriebstechnologien, „protektionistische Maßnahmen in China und zu erwartend in den USA“ und die Wanderbewegung von Millionen Menschen von Süden nach Norden. Sänze befürchtet den Verlust von Arbeitsplätzen durch Roboter, die Digitalisierung werde auch „die Verwaltungsberufe und die Beamten erwischen“. Er forderte deshalb ein Umdenken und die Bereitstellung „von viel Geld und Entlastung“ für den Mittelstand, der Baden-Württemberg trage und die Stütze des Haushalts sei.

Peter Hofelich (SPD) kritisierte, das Grün-Schwarz kurz vor Plenardebatten millionenschwere Anträge ohne Vorberatung eingereicht und damit „Koalitions-Solo“, auch unter Umgehung des Finanzausschusses betrieben habe. „Das alles geht nicht“, tadelte der frühere Staatssekretär die Regierungsfraktionen. Mit der Beratung des Haushalts 2017 sei die durch das Königsrecht des Parlaments definierte Grenze zwischen Regierung und Parlament „ein spürbares Stück verrückt“. Die „offenbar notorische Fingerhakelei und Profilierungssucht“ von Grün-Schwarz sei kein Grund für „ein solches ungerechtes, verletzendes Gebaren“, mäkelte Hofelich. Die Änderung der LHO durch Grün-Schwarz bezeichnete er als Fehler. Tilgen und Investieren sei durchaus möglich gewesen. Aber die Regierungsfraktionen hätten die Tilgungsauflagen durch die LHO-Änderung in die Jahre 2018 bis 2020 verschoben, die dann mehr als 1 Milliarde Euro betragen würden. „Da wollen Sie natürlich in der Abendsonne Ihrer Regierung noch die Karten im Ärmel behalten“, mutmaßte Hofelich.

Auch Gerhard Aden (FDP) kritisierte, dass keine Schulden getilgt werden. „Die Umdeutung von bestehendem Sanierungsbedarf zu impliziter Verschuldung und die damit verbundene Abkehr von der Schuldentilgung ist ein fatales Signal an die Bürger: wir haben zwar das Geld, aber Schulden zahlen wir doch nicht zurück“, sagte der Liberale. Mit dem Konstrukt der impliziten Verschuldung ließe sich nahezu jede Investition als Schuldentilgung maskieren. Er forderte die Regierung auf, die selbst gewählten Regeln der Landeshaushaltsordnung einzuhalten: „Tilgen und Investieren ist problemlos möglich.“ Einerseits vermeide man die Schuldentilgung, andererseits vergrabe man riesige Überschüsse in Reserven, um das aufgeblähte Ausgabenniveau halten zu können, wenn 2020 die Schuldenbremse in Kraft tritt. Als „besonders anstößig“ findet die FDP, dass alte Kreditermächtigungen weiter gelten sollen, ohne einen Bezug zu besonderen Ausgaben zu haben.

„Die Haushaltsberatungen haben gezeigt, wie viel heiße Luft in den Haushaltstiteln steckt.“ Geringere Ausgaben für Flüchtlinge und Mehreinnahmen aus der gut laufenden Konjunktur glichen nach den Worten Adens den Haushalt schon von alleine aus. Deshalb setze dieser Haushalt zu wenig Schwerpunkte bei den Zukunftsinvestitionen. Finanzpolitik bestehe nicht nur aus Plus und Minus, sondern habe auch etwas mit Psychologie zu tun.


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Titelbild Staatsanzeiger