Opposition kritisiert Einführung von Studiengebühren

03.05.2017 
Von: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
 
Redaktion
 

Stuttgart. Trotz des massiven Widerstands vieler Studierender, Professoren, Gewerkschafter und der Opposition hat der Landtag mit den Stimmen von Grünen und CDU die neuen Studiengebühren für ausländische Studierende und für ein Zweitstudium nach einem abgeschlossenen Master beschlossen. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) skizzierte vor der Verabschiedung der Gesetznovelle noch einmal die Alternative auf dem Weg des Landes zur Schuldenbremse: Alle Ressort müssten strukturelle Einsparungen bringen, „und wir wollten Einschnitte in die Lehre vermeiden, das ist nicht unser Weg“.

Dementsprechend müssen künftig alle Studierende 600 Euro pro Semester zahlen, wenn sie, ohne unmittelbaren Berufsbezug, nach einem mit dem Master abgeschlossenen Studium ein weiteres beginnen. Und nicht EU-Ausländer werden zur Kasse gebeten, wenn sie kein Abitur in Deutschland gemacht haben, wenn sie allein zum Zwecke des Studiums einreisen oder keinen Inlandsbezug haben. Letzteres führt nach den Worten Bauers dazu, dass alle Flüchtlinge ausgenommen sind. Was wiederum die AfD kritisierte, die grundsätzlich für Gebühren für ausländische Studierende ist, weil deren Eltern auch keine Steuern in Deutschland zahlten.

Die Wissenschaftsministerin wies zudem darauf hin, dass jeder Hochschule eine Fünf-Prozent-Quote von Ausnahmen zugeschrieben ist, über die eigenverantwortlich entschieden werden kann. Diese ist im Vorfeld von Professoren und Rektoren allerdings kritisiert worden, weil dadurch zusätzlicher bürokratischer Aufwand befürchtet wird. Bauer versprach eine wissenschaftliche Begleitung des Gesetzes und mögliche Veränderungen nach drei Jahren. Außerdem warf sie all jenen vor, die in der Novelle den Einstieg in allgemeine Studiengebühren sehen, Ängste zu schüren und beunruhigen zu wollen. Allgemeine Studiengebühren seien schon allein durch den grün-schwarzen Koalitionsvertrag ausgeschlossen.

Grüne sprechen von gutem Kompromiss

Für die Grünen nannte Alexander Salomon die neuen Regelungen einen „guten Kompromiss“. Seine Fraktion habe bis zuletzt hart für Ausnahmen gekämpft. Grundsätzlich komme das Gesetz „nicht in den Bestand meiner persönlichen Sammlung von Lieblingsgesetze, aber es ist durchdacht und Ausdruck, dass die Wissenschaftsministerin Verantwortung für unsere Hochschulen übernimmt“. Auch Andreas Deuschle (CDU) lobte den eingeschlagenen Weg, denn „jede Mittelkürzung wäre fatal für unsere Hochschulen“. Die 1500 Euro – „nicht pro Monate, sondern in Semester“ – seien zudem im internationalen Vergleich moderat. Deuschle, der auch Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses ist, verwies darauf, dass viele „Bitten und Eingaben der Zivilbevölkerung“ eingearbeitet worden seien.

Die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende und wissenschaftspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, Gabi Rolland, hielt der Grünen ein Zitat der Grünen-Bundestagsfraktion vor, die Studiengebühren für ausländische Studierende als „hochschul-, wirtschafts- und sozialpolitisch konraproduktive Weichenstellung“ bezeichnet hat. Rolland prophezeite der Wissenschaftsministerin für die Einführung „der Bauer-Maut“ in die Geschichte des Landes einzugehen.

Nico Weinmann (FDP) plädierte für die von seiner Partei seit langem geforderten nachlaufenden Studiengebühren für alle, die erste gezahlt werden müssten, wenn die Akademiker nach ihrem Abschuss im Berufs Fuß gefasst hätten. Er nannte die Beschlüsse einen "Irrweg" und er monierte, dass die Regierungsfraktionen selber noch einen Änderungsantrag zur Gleichstellung hätten eingebringen müssen. Wenn die ausländischen Studierenden in andere Bundesländer abwanderten, wie zu erwarten stehe, würden aber auch die finanziellen Erwartungen der Landesregierung enttäuscht werden, so Weinmann weiter. Denn zu recht werde immer wieder die Frage aufgeworfen, warum Studierende aus Entwicklungsländern in einem der wohlhabendsten Industrieländer gezielt zur Finanzierung allgemeiner Haushaltsaufgaben herangezogen werden sollen.

Mit Demonstrationen und Petition gegen Studiengebühren

Der AfD geht die Novelle nicht weit genug. Die internationalen Studenten sollten die vollen Kosten ihres Studiums in Deutschland begleichen, forderte Rainer Balzer. Es sei dem deutschen Steuerzahler nicht zuzumuten, für die akademische Ausbildung von Studenten aus aller Welt aufzukommen.

Am vergangenen Wochenende waren landesweit mehrere tausend Demonstranten gegen die Gesetzesänderung auf die Straße gegangen. Außerdem wurde beim Landtag online eine Petition eingereicht, die 15.000 Menschen unterschrieben haben, weil die Gebühren "gegen den Widerstand von Verbänden, Experten und Bevölkerung durchgesetzt wurden. Es mache ihn wütend und traurig, so der Initiator der Petition Adrian Nelius, „dass ein reiches Land wie Baden-Württemberg, das zudem einen Haushaltsüberschuss von 493,8 Millionen Euro hat, auf Kosten von Menschen aus armen Ländern Haushaltsmittel generiert.“

Kritisiert wird auch, dass von den 1500 Euro pro Semester nur 300 Euro tatsächlich an die Hochschulen und damit der größere Teil der erwarteten Einnahmen in den allgemeinen Haushalt fließen. „Die Abgeordneten scheinen keine Ahnung von der Lebenswirklichkeit internationaler Studierender zu haben – die Gebührenhöhe als moderat zu bezeichnen ist absurd", heißt es in der Petition weiter.

 


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