Untersuchungsausschuss befragt Mitarbeiter des Wissenschaftsministeriums

18.12.2017 
Von: schl
 
Redaktion
 
Foto: Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg

Stuttgart. Der Untersuchungausschuss, der sich mit den Vorgängen an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg befasst, hat an diesem Montag weitere Zeugen benannt. Darunter auch der derzeitige Rektor der Hochschule, der Asta-Vorsitzende und der Vorsitzende des Hochschulrats. Das gab die Ausschussvorsitzende, Sabine Kurtz (CDU) bekannt. Hintergrund dafür sind Vorwürfe, die Professoren im November vor dem Untersuchungsausschuss erhoben hatten. Durch die zusätzlichen Zeugen soll festgestellt werden, in wieweit die Situation, die die Professoren vor dem Ausschuss kritisiert hatten, bis heute weiter fortbesteht (siehe auch Staatsanzeiger vom 24. November) und die Aussagen der Professoren geprüft werden.

An diesem Montag befragte der Untersuchungsausschuss als Zeugen einen ehemaligen Ministeriumsmitarbeiter. Der Mann, der seit Ende 2013 in Pension ist, war zuvor als Betreuungsreferent im Wissenschaftsministerium für die Betreuung der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg zuständig. In dieser Eigenschaft nahm er auch regelmäßig an den Sitzungen des Hochschulrats teil. Die Ausschussmitglieder wollten in ihrer neunten Sitzung wissen, wie  sich die Beamten des Wissenschaftsministeriums bei Bekanntwerden einer möglicherweise rechtswidrigen Vergabe von Zulagen an Professoren der Hochschule für den Nachwuchs im öffentlichen Dienst verhalten haben. Außer dem Betreuungsreferenten sollen auch noch dessen damaliger  Referatsleiter und der zuständige Abteilungsleiter vor dem Ausschuss befragt werden.

Zeugen hatten sich mit Ausschussvertreter des Ministeriums getroffen

Für Verwunderung und Verärgerung sorgte bei den Obleuten im Ausschuss als am Ende der fast dreistündigen Befragung durch eine Frage des FDP-Obmanns Nico Weinmann deutlich wurde, dass der Zeuge sich Anfang Dezember mit seine damaligen Referats- und Abteilungsleiter ausgetauscht hatte. Und das im Beisein des Regierungsvertreters des Wissenschaftsministeriums im Untersuchungsausschuss nach dem alle drei längst als Zeugen benannt waren. Die Obfrau der CDU, Marion Gentges, stellte deshalb auch die Frage, was diese Tatsache für eine Bedeutung für die Bewertung der Zeugenaussage haben könne, auch wenn so eine Zusammenkunft per se keine strafrechliche Relevanz hätte. Sie bezeichnete den Austausch der Zeugen als ausgesprochen unglücklich.

Sascha Binder, Obmann der SPD, sah dies noch kritischer. Er wies darauf hin, dass der Regierungsvertreter den Ausschuss vorab nicht darüber informiert habe. Dass dieser außerdem alle Zeugenvernehmungen und Protokolle kennt. Noch mehr als es das Ministerium von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) getan habe, könne man einem U-Ausschuss nicht in den Weg räumen, so Binder. Auch Weinmann wies darauf hin, dass dieses Gespräch die Qualität der Aussage des Zeugen geändert habe. "Das Ministerium tut sich mit einer solchen Herangehensweise keinen Gefallen", so Weinmann.

Der Obmann der Grünen, Thomas Hentschel, hingegen wollte das Thema nicht so hoch hängen. Er wies darauf hin, dass der Zeuge inzwischen pensioniert sei, keinen Zugriff mehr auf Akten hätte. Solange man den Inhalt des Gesprächs zwischen den Zeugen nicht kenne, riet er zu Zurückhaltung bei der Bewertung der Zeugenaussagen. Für ihn hatte die Aussage deutlich gemacht, dass die Vorgänge in Ludwigsburg auf der Verwaltungsebene abgearbeitet wurden. Die Hausspitze sei zwar auf dem Dienstweg informiert worden, wusste jedoch, dass man im Begriff war, die Dinge zu lösen. "Es gab keine Veranlassungs seitens der Hausspitze einzugreifen", so Hentschel.

Zeuge: Nie gegen Einschaltung von Staatsanwaltschaft gewehrt

Der ehemalige Betreuungsreferent machte in seiner Aussage deutlich, dass er sich nie dagegen gewehrt hätte, den Rechnungshof oder die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den möglicherweise rechtswidrig vergebenen Zulagen einzuschalten. Er habe jedoch zunächst dafür plädiert, den rechtlichen Sachverhalt gründlich aufzuarbeiten, erklärte er vor dem Unterschungsausschuss "Zulagen Ludwigsburg". 

Mit Blick auf die rechtliche Aufarbeitung habe er der Hochschule auch einen Sachverständigen empfohlen. Zugleich hatte er der Hochschule auch Vertraulichkeit empfohlen. Dieses bedeutete für ihn, dass für Öffentlichkeitsarbeit ausschließlich das Rektorat zuständig ist. Er wollte vermeiden, dass sich einzelne Professoren an die Presse wendeten. Der ehemalige Betreuungsreferent, der inzwischen in Ruhestand ist, wies darauf hin, dass er gerade in der Anfangszeit der neuen Rektorin Claudia Stöckle 2012 in häufigem telefonischem Austausch mit ihr gestanden habe.

Betreuungsreferent: Hochschule war für Aufarbeitung zuständig

Stöckle sei in ihrer Anfangszeit sehr impulsiv gewesen. Er habe ihr frühzeitig bedeutet, dass sie mit allen Hochschulangehörigen über lange Zeit zusammenarbeiten müsse. Zugleich wies er darauf hin, dass die Aufarbeitung der Zulagengewährung an der Hochschule in die Kompetenz der Hochschule falle. Den Hochschulen seien viele Kompetenzen übertragen worden. Das habe sowohl er als auch andere Ministeriumsvertreter Stöckle auch deutlich gemacht.

 

 

Ein Fall wie der an der Hochschule Ludwigburg war ein ungewöhnlicher Vorgang, so der Betreuungsreferent. Auf Nachfrage, wer denn im Ministerium zuständig gewesen seit, im Rahmen der Rechtsaufsicht dann zu überprüfen, dass die Hochschule die Aufgabe auch rechtskonform umsetzt, erklärte er, dass das Ministerium nicht bei allen Entscheidungen der Hochschulen Zweifel haben könne. "Wir könnten unsere Arbeit nicht mehr bewältigen, wenn wir bei allen Entscheidungen unserer Hochschulen beteiligt sein wollten", sagte er vor dem Ausschuss.

Protokolle: Man habe in der Regel keine Korrekturen verlangt

Darüber hinaus wies der Betreuungsreferent, als er mit Protokollen aus Gesprächen mit der Hochschule konfrontiert wurde, darauf hin, dass manche Dinge in den Protokollen so nicht stimmten. Auf Frage, wie es dazu kommen könne, erklärte er, dass die meisten Protokolle ohnehin in den Akten verschwänden und nie mehr angeschaut würden. Man stelle zwar beim Durchlesen durchaus fest, dass Dinge in den Protokollen nicht stimmten. Doch man würde in der Regel keine Korrekturen verlangen.

Für Binder gibt dies einen Einblick in die Arbeit im Ministerium: Man verbessere keine Protokolle, schreibe auch keine eigenen Vermerke. "Das hilft uns bei der Glaubwürdigkeit einzelner Zeugen nicht weiter", so Binder. Und auch Rainer Podeswa (AfD), stellvertretender Ausschussvorsitzender, sprach davon, dass dies nach organisierter Ahnungs- und Verwantwortungslosigkeit klinge.

Im Kern geht es  im Untersuchungsausschuss "Zulagen Ludwigsburg" um die Frage, ob Professoren der Hochschule zu Recht Zulagen gewährt und von diesen angenommen wurden. Auch soll geklärt werden, ob Rektorat und Professoren Zweifel an der Praxis hätten bekommen können. Die Opposition will erfahren, ob sich Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) möglicherweise pflichtwidrig verhalten hat und wie ihr Krisenmanagement ausfiel.

Die Vorgänge hatten bereits zu einer Anklage geführt gegen Professoren, einen früheren Rektor und einen Ex-Kanzler der Hochschule wegen Untreue und Beihilfe dazu.


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Titelbild Staatsanzeiger