EU-Datenschutzverordnung: Presse- und Medienprivileg bleibt bestehen

08.03.2018 
Von: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
 
Redaktion
 

Stuttgart. In der ersten Lesung des Gesetzes zur 22. Änderung des Rundfunkstaatsvertrags zur Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union haben nicht nur Grüne und CDU, sondern auch die oppositionelle SPD Zustimmung signalisiert. Klaus-Peter Murawski (Grüne), Staatsminister im Staatsministerium, sprach von einem „guten Stück Arbeit“, das geleistet worden sei. In den Ausschussberatungen solle auch die FDP überzeugt werden, da Einschränkungen geschaffen seien, um die Möglichkeiten privater Anbieter nicht zu beschneiden.

Kern des Gesetzes ist das Ziel, einen Ausgleich zwischen dem Persönlichkeitsrecht einerseits und der Rundfunk- und Pressefreiheit andererseits zu gewährleisten. „Bereits bisher galt für die Datenverarbeitung durch Rundfunk, Presse und sonstige Medien das sogenannte Medienprivileg, das nur eine eingeschränkte Geltung der materiell-rechtlichen Datenschutzvorschriften vorsah“, heißt es in der Begründung. Dieses Medienprivileg wird verlängert. Das Gesetz will Murawski zufolge mit der sogenannten Betrauungsnorm aber auch verhindern, dass sich Kooperationen „in wettbewerbsrechtlich problematische Zonen ausdehnen“, etwa wenn Rundfunkanstalten gemeinsam wirtschaftliche Potenziale erschließen wollen.

FDP kritisiert Betrauungsnorm

„Nach unserer Auffassung ist die Betrauungsnorm einerseits überflüssig, anderseits aber ein mögliches Einfallstor für weitere Wettbewerbsnachteile der privaten Medienunternehmen“, konterte der Vorsitzende des Arbeitskreises Recht und Verfassung der FDP-Landtagsfraktion, Nico Weinmann. Zweifellos seien gemeinsame Anschaffungen von Großgeräten oder der Aufbau gemeinsamer Verwaltungen durch ARD und ZDF sinnvoll und im Sinne des Beitragszahlers wünschenswert. „Wettbewerbsrechtlich problematisch könnten aber Kooperationen zu kommerziellen Zwecken wie beispielsweise zum Erwerb und zur Verbreitung von Programmrechten sein“, so der Abgeordnete weiter. Immerhin finanzierten sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten durch Pflichtbeiträge, und „wenn die Marktmacht der Öffentlich-Rechtlichen konzentriert wird, könnte sich die Marktposition der privaten Rundfunkanbieter erheblich verschlechtern“.

Alexander Maier (Grüne) lobte dagegen, dass es „ab Mai endlich EU-weit gleiche Standards für den Datenschutz geben" werde. Das sei in Zeiten der Digitalisierung längst überfällig. Zudem hob er hervor, wie das Landesmediengesetz und das Pressegesetz angepasst wurden: „Die Schwierigkeit hierbei war es, das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und mit der Pressefreiheit in Einklang zu bringen.“ Deshalb sei das Medienprivileg beim Datenschutz erneuert und damit den Medien ermöglicht worden, „über eine Person zu berichten ohne abfragen zu müssen, ob sie damit datenschutzrechtlich einverstanden ist“.

Abwägung zwischen Pressefreiheit und Datenschutz

Auch die SPD-Fraktion wird dieser Erneuerung zustimmen. Sascha Binder, der Fraktionsvize, kritisierte allerdings, dass das Innenministerium noch nicht für mehr Klarheit gesorgt habe, wie und auf welche Gesetze die Neuregelungen konkret anzuwenden sein sollen. Das Staatsministerium hingegen lobte der Sozialdemokrat für die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Datenschutz, denn „auf der ganzen Welt ist zu sehen, was in Ländern los ist, wenn die freie Presse keine Chance hat, investigativ tätig zu werden“.

Der CDU-Abgeordnete Raimund Waser mahnte Veränderungen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern an und verwies auf die Schweiz, die eine Senkung der Gebühren um ein Drittel angekündigt hat. Gerade die Sender selbst seien auch in der Pflicht zu klären, was öffentlicher Auftrag im 21.Jahrhundert heiße. Waser warnte vor der Sicherung von Pfründen durch Gebührenfinanzierung.

Für die AfD nutzte Emil Sänze die Gelegenheit, um die „Gängelung und Regulierungswut“ der EU zu beklagen. Die Volksvertetrer im Landtag hätten die Vorgaben aus Brüssel „reflexhaft“ abzunicken. „Sind wir in der Rolle von Statisten, ist das ein abgekartetes Spiel?", so Sänze weiter. Der Grünen-Abgeordnete Maier erwiderte, bei den Einwänden der AfD gehe es nicht wirklich um Meinungsfreiheit oder Gebühren, sondern um den Bildungsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen. Gebildete, gut informierte, politisch mündige Bürgerinnen und Bürger „passen der AfD nicht in den Kram, denn die kann man viel schlechter manipulieren und belügen“, so Maier.


Ihre Ansprechpartner

Sie haben Fragen oder Anregungen?
Hier finden Sie Ihren Ansprechpartner.

Kontakt

Titelbild Staatsanzeiger