Europaminister Wolf fordert Balance zwischen Rechten und Pflichten

08.03.2018 
Von: Wolf Günthner
 
Redaktion
 

Stuttgart. Die Balance zwischen Rechten und Pflichten muss in Europa wieder besser austariert werden. „Die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze ist sicher die wichtigste dieser Pflichten. Wenn sich Staaten wie Polen einerseits mit der Erfüllung gemeinsamer europäischer Pflichten schwer tun, dann muss sich das andererseits auch bei finanziellen Rechten auswirken“, sagte Europaminister Guido Wolf (CDU) am Donnerstag im Landtag. Wer sich immer wieder gegen seine Partner wende und gemeinsame Standards verletze, könne nicht erwarten, dass Europa „immer weiter zusieht und weiter bezahlt“.

Wolf sparte auch andere „besorgniserregende Ereignisse“ in seiner Europa-Bilanz nicht aus. Mit Blick auf die Stimme Deutschlands in Europa sei es auch höchste Zeit, dass das Land wieder eine Bundesregierung habe. Das Ergebnis der Parlamentswahl in Italien werfe den Aufbruch für Europa „erst einmal zurück“. Zudem komme Unsicherheit aus den USA. „Handelskriege schaden allen“, sagte der Minister deutlich.

Doch trotz der „Kaltluft, die über den Atlantik wehe, kündige sich eine Frühlingszeit an. Baden-Württemberg habe sich mit seinem Eckpunktepapier klar positioniert und arbeite mit Partnerregionen und der Wirtschaft eng zusammen. Europa benötige mehr Mittel, um die vielen neuen Aufgaben zu bewältigen. „Wenn wir die Eurozone dauerhaft stabil und wetterfest machen wollen, müssen wir sie sinnvoll weiter entwickeln“, sagte Wolf. Der Minister sprach sich dafür aus, beim Europäischen Währungsfonds die Kontrollrechte der nationalen Parlamente zu wahren, bei der Überführung der Schuldenbremse ins Unionrecht keine Aufweichung durch die Hintertür zuzulassen, vorsichtig mit dem planten Europaminister für Finanzen zu agieren und bei der Bankenunion bei der entschiedenen Ablehnung einer europäischen Einlagensicherung zu bleiben.

Chance für die EU

Josef Frey (Grüne) sieht im neuen Finanzrahmen, der im Mai durch die EU konkretisiert werden soll, „eine Chance“ für die EU. Aus dem seit 2014 laufenden Rahmen habe Baden-Württemberg 800 Millionen Euro an Fördergeld von der EU erhalten. Durch eine Erhöhung der EU-Mittel durch die Mitgliedsstaaten könnten bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen und eine lebenswerte Umwelt geschaffen werden. „Je weniger die Schere zwischen Arm und Reich, zwischen Nord und Süd, zwischen Ost und West auseinanderklafft, desto eher ist der soziale Frieden auch in Europa gesichert“, konstatierte Frey.

Die Stabilität der Gemeinschaft sei „fragil geworden“ und werde bedroht von Nationalismus und Hegemonialdenken sowie von einem Wirtschaftsprotektionismus ganz alter Prägung, urteilte Sylvia Felder (CDU). Dennoch sei Europa „unabdingbar“. Europa müsse sich erneuern und ein Kontinent werden, der im globalen Wettbewerb bei den digitalen Kompetenzen, den Ressourcen in Wissenschaft und Forschung und der Wertegemeinschaft „ein neues Kapitel aufschlägt“. Um die Eurozone krisensicher zu machen, bedürfe es die Kombination aus einem effektiven Stabilitätsmechanismus und marktorientierten Reformen.

Die EU wolle viel mehr Geld und viel mehr Einfluss, stellte Bernd Grimmer (AfD) fest. Für ihn steht fest, dass die „Enteignung der Einlagensicherung“, die für die Sparkassen und Volksbanken enorm wichtig ist, kommen wird. Außerdem werde an einer EU-Sozialversicherung gearbeitet. Kritik äußerte Grimmer auch am Beschluss des EU-Parlaments, wonach Asylbewerber entscheiden können, in welchem EU-Land sie Asyl beantragen. Dies konterkariere die Beteuerungen der CDU/CSU, Flüchtlinge europaweit verteilen zu wollen.

Aufforderung CETA zu ratifizieren

Angesichts der Zölle-Ankündigungen von US-Präsident Trump sagte Peter Hofelich (SPD), es sei richtig gewesen, den Freihandel „wehrhaft gemacht“ zu haben. Dieses Signal fehle auf Bundesebene und im Land. Er forderte die grün-schwarze Landesregierung auf, CETA zu ratifizieren und Trump nicht durch Protektionismus zu begegnen. Rechthaberei und Arroganz seien keine guten europäischen Ratgeber. Zusammenhalt brauche Überzeugung und Unterstützung, nicht Überredung und Beugung. Im Blick auf Ungarn sagte Hofelich, Rechtsstaatlichkeit sei nicht disponibel und ihre Verletzung teuer.

Auf die Strafzölle von Trump brauche Europa eine Antwort, forderte Erik Schweickert (FDP). Es dürfe aber nicht „bockig reagieren“ und zum Gegenschlag ausholen. Im exportorientierten Baden-Württemberg müsse man sich für Freihandel einsetzen und nicht denken, „dass wir durch kleinliche Revanchefouls etwas erreichen können“. Das politische Signal müsse sein, auf europäischer Ebene das Handelsabkommen CETA zu ratifizieren.


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