Ehemalige Rektorin sagt vor Untersuchungsausschuss aus

16.03.2018 
Von: schl
 
Redaktion
 
Foto: dpa

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Stuttgart. "Solange man sich im rechtlichen Rahmen hält, sind Herausforderungen bewältigbar. In Ludwigsburg hat man den rechtlichen Rahmen nicht gewährleistet", machte die ehemalige Rektorin Claudia Stöckle vor dem Untersuchungsausschuss "Zulagen Ludwigsburg" deutlich. Sie hatte die Rechtswidrigkeit der Zulagen, die ihr Vorgänger noch gewährt hatte, an der Hochschule erkannt und thematisiert.

Nachdem bereits im vergangenen Jahr Professoren die Zustände an der Hochschule thematisiert hatten, machte auch Stöckles Aussage vor dem Untersuchungsausschuss deutlich, dass an der Hochschule schwierige Zustände herrschten: Auch sie sprach von einem hohen "Chorgeist" an der Hochschule und davon, dass viele Professoren unter Druck gesetzt wurden. Nicht für umsonst sei ihre Assistentin mit Pfefferspray in der Tasche herumgelaufen, da sie nicht nur vor verbalen Angriffen Angst gehabt hätte. Ein anderer Professor sei wochenlang suizidgefährdet gewesen.

Die Situation an der Hochschule hätte sich nicht zur Krise an der Hochschule hochgeschaukelt, wenn das Ministerium seine Rechtaufsicht und seine Fürsorgepflicht wahrgenommen hätte, so Stöckle. Denn Hochschulmitglieder hätten festgestellt, dass sie ungestraft ein Kesseltreiben initiieren könnten. Als Beispiele nannte Stöckle etwa Korruptionsvorwürfe, das Ausspionieren ihres Umfelds, Mobbing, Verstöße gegen den Datenschutz, gegen das Dienstrecht. Stöckle sellbst sah sich dadurch auch monatelang staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ausgesetzt, die alle eingestellt wurden. Sie sprach vor dem Ausschuss von konstruiertem Korruptionsverdacht, konstruierten Dienstvergehen und konstruierten Straftaten.Sie kritisierte, dass das Ministerium nicht dagegen vorgegangen sei.

Thema Zulagen kam durch Erwartung von Professoren auf

Stöckle machte auch deutlich, dass die Wechsler, die von den Zulagen betroffen waren, zentrale Figuren bei der Krise an der Hochschule waren. An der Hochschule hatten zahlreiche Professoren von der C- in die W-Besoldung gewechselt. Sie hatten dafür Berufungszulagen erhalten. Der Untersuchungsausschuss befasst sich mit der Frage, ob Professoren der Hochschule zu Recht die Zulagen gewährt und von diesen angenommen wurden. Auch soll geklärt werden, ob Rektorat und Professoren Zweifel an der Praxis hätten bekommen können. Die Opposition will erfahren, ob sich Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) möglicherweise pflichtwidrig verhalten hat und wie ihr Krisenmanagement ausfiel. Die Vorgänge hatten  dazu geführt dass die Staatsanwaltschaft gegen 13 Professoren, einen früheren Rektor und einen Ex-Kanzler der Hochschule wegen Untreue und Beihilfe dazu erhoben hat.

Das Thema Zulagen kam während ihrer ersten drei Monate als Rektorin erstmals auf. Anlass war, dass zwei Professoren zu ihr kamen in der Erwartung, dass sie angesichts ihres 40. Geburtstags eine Zulage erhalten würden. Beide kündigten auch an, dass sie den Klageweg beschreiten wollten, falls sie sie nicht erhalten sollten. Das war für die neue Rektorin Anlass, sich mit der Zulagenpraxis an der Hochschule zu befassen. Sie wurde frühzeitig gewarnt, dass  dieses Thema hochbrisant sei, da die Professoren mehrheitlich die rechtswidrige Richtlinie und die Zulagen gewollt hätten. 

Stöckle prüfte die Richlinie zur Vergabe der Zulagen, verglich mit Richlinien anderer Hochschulen, unter anderem der Verwaltungshochschule Kehl. Dabei stellte sie fest, dass es an der Hochschule Ludwigsburg 13 Wechsler mit einer Berufungszulage gabe. Hinzu kamen noch vier Normkurvenfälle. Die Normkurvenfälle konnten rechtskonform umgedeutet werden. Die Wechsler mit Berufungszulage waren schwieriger. Stöckle kam schnell zur Auffassung, dass die Richtlinie und die Zulagen rechtswidrig seien. Ein Kurzgutachten der Justiziarin des Hochschulverbands bestätigte diese Auffassung. Zugleich war klar, dass das Thema brisant war. Auch vor dem Hintergrund der politischen Situation und einem Bericht des Rechnungsprüfungsamts. Ein weiteres Gutachten eines vom Wissenschaftsministeriums empfohlenen Gutachters kam dann zu dem Schluss, dass der Wechsel selbst schon nicht rechtswirksam sei. 

Zentrale Frage war, ob Wechsel rechtswirksam war

Daraus ergab sich dann die zentrale Frage, ob der Wechsel von der C- in die W-Besoldung überhaupt rechtswirksam war oder nicht. Dies wollte das Wissenschaftsministerium zunächst klären, denn die Rechtsreferate der Ministerien vertraten im Gegensatz zum Gutachter die Auffassung, dass die Ernennung rechtswirksam sei. Die Antwort darauf hatte auch Auswirkungen darauf, wie mit den 13 Wechslern umgegangen werden sollte. Es sei völlig klar gewesen, dass die Hochschule nach dieser Klärung für die Frage, ob die Zulagen zurückgenommen werden oder nicht zuständig sei, machte Stöckle deutlich. Das sei Sache der Hochschulautonomie.

Man hatte aber zunächst auf Entscheidung des Ministeriums gewartet. Immer wieder dort auch darauf gedrängt. Denn durch die Wechselproblematik sei zunehmend Unruhe in die Hochschule gekommen, so Stöckle. Schließlich habe die Hochschule beschlossen, zu handeln. Man ging von der Annahme aus, dass der Wechsel rechtswirksam war. In allen 13 Fällen kam man dann zu dem Schluss, dass die Zulagen rechtswidrig waren, doch wurde in allen Fällen nach Prüfung jedes Einzelfalls, in allen Fällen Vertrauensschutz erteilt. Der Hochschulrat wurde darüber informiert. Damit war das Thema für Stöckle wie sie dachte erledigt.

Im Ministerium sei man unzufrieden gewesen, dass Vertrauensschutz erteilt wurde, die Zulagen jedoch nicht umgedeutet worden seien. Stöckle hatte den Eindruck, dass man es dort lieber gehabt hätte, wenn Rechtmäßigkeit hergestellt worden wäre. Das war jedoch aus ihrer Sicht nicht möglich. Zugleich hatte sie den Eindruck, dass das Ministerium selbst "sehr konsequent gehandelt hat durch Nichthandeln". Als Beispiel nannte sie die aktuelle Situation bei zuviel gezahlten Steuern im Finanzministerium: Dort sei selbstverständlich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet worden. "Das Wissenschaftsministerium hat die Hochschulautonomie extrem weit interpretiert", so Stöckle.

In der weiteren Befragung durch die CDU-Obfrau Marion Gentges wurde zudem entgegen allen bisherigen Zeugenaussagen deutlich, dass an der Hochschule Ludwigsburg für Professoren bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein Wechsel von der C- in die W-Besoldung möglich gewesen wäre. Bis Ende 2009 konnten Professoren rechtmäßig mit einer Optionszulage wechseln. Diese Optionszulage sollte für Wechsler nach Einführung der neuen, niedrigeren W-Besoldung für eine Übergangszeit den Gehaltsverlust ausgleichen. Diese Möglichkeit hatten nach Angaben Stöckles auch zwei Professoren genutzt. Auch erhielten diese noch zusätzliche Leistungszulagen.

Sie verwies darauf, dass es an der Hochschule auch zuvor bereits einen Vergaberahmen gegeben habe, der das Zahlen von Leistungszulagen ermöglichte. Es gäbe von ihrem Vorvorgänger im Rektorat eine Berechnung aus dem Jahr 2004 - 2005 wurde die W-Besoldung eingeführt - dass der Vergaberahmen der Hochschule zwar anfangs noch negativ sei, aber ab dem Jahr 2007 positiv werde, da in den Jahren 2005 und 2006 zahlreiche C3-Professoren in Ruhestand gegangen seien. Im Jahr 2012, als Stöckle Rektorin wurde, lag der Vergaberahmen bei rund 600 000 Euro. Darüber hinaus habe es noch Reste aus Vorjahren gegeben. Der ehemalige Rektor, der die in die Kritik geratene Zulagenpraxis eingeführt hatte, hatte vor dem Ausschuss gesagt, dass der massive Wechsel nach Auslauf der Optionszulage darauf zurückzuführen war, dass es zuvor keinen Vergaberahmen für Zulagen gegeben habe.

Die Zeugenbefragung von Stöckle vor dem Untersuchungsausschuss konnte an diesem Freitag nicht abgeschlossen werden und wird fortgesetzt.


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Titelbild Staatsanzeiger