Grün-Schwarz will Kreislaufwirtschaft weiter voranbringen

11.04.2018 
Von: Wolf Günthner
 
Redaktion
 

Stuttgart. Die Landesregierung will die Abfall- und Kreislaufwirtschaft in Baden-Württemberg weiter voranbringen. Die Rückgewinnung von Sekundärrohstoffen soll weiter gestärkt werden, auch um Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch weiter zu entkoppeln, sagte Umweltstaatssekretär Andre Baumann am Mittwoch im Landtag.

Grün-Schwarz stehe für die „Aussöhnung von Ökonomie und Ökologie“, fügte er an. Zur Entwicklung der Kreislaufwirtschaft im Land gehöre auch die Bioabfallsammlung und -verwertung. Diese sei wesentlich vorangegangen, obwohl noch in zwei Landkreisen die Bereitschaft zur separaten Erfassung fehle. Die Verwertung des Bioabfalls gestalte sich allerdings schwieriger als erwartet; deshalb müsse der Ausbau der Bioabfallvergärungsanlagen verstärkt umgesetzt werden, um nutzbare erneuerbare Energie zu nutzen.

Als weiteres Beispiel nannte Baumann die Optimierung der Klärschlammverwertung und der Phosphorrückgewinnung. „Klärschlamm gehört nicht auf Acker- und Grünlandflächen“, konstatierte der Staatssekretär. Baden-Württemberg habe hier frühzeitig die Vorreiterrolle übernommen und die hochkonzentrierten Schadstoffe im Klärschlamm der „reinigenden Kraft des Feuers“ zugeführt. Mit einer Verbrennungsquote von 96 Prozent sei das Land aktuell europaweit an der Spitze. Als große Herausforderungen bezeichnete Baumann den Ausbau des Braunstoffrecyclings und die knapper werdenden Deponiekapazitäten. Tatsache sei aber auch, dass die Deponiekapazitäten im Südwesten über zehn Jahre hinaus „noch ausreichend sind“. 

Grüne fordert mengenabhängige Gebühren

Die Zukunft der Abfall- und Kreislaufwirtschaft habe nicht an Aktualität verloren, sagte Bettina Lisbach (Grüne) unter Bezug auf den vom November 2016 stammenden Antrag der Debatte. Deutschland sei nicht nur Weltmeister im Mülltrennen, sondern leider auch Europameister beim Müllproduzieren, insbesondere beim Verpackungsmüll. Mit dem bundesweit niedrigsten Wert beim Restmüll (140 Kilogramm/Einwohner) sei ein historisches Tief erreicht worden.

Sie forderte die Stadt- und Landkreise auf, durch mengenabhängige Gebühren Anreize zur Müllvermeidung zu schaffen. Beim Sammeln von Biomüll sieht Lisbach „noch ganz viel Luft nach oben“. Gute Wiederverwertungen seien Gär-Reste als Düngemittel und Kompost zur Bodenverbesserung. Als Sorgenkind bezeichnete die Grüne den Verpackungsmüll, bei dem Deutschland in der EU Spitzenreiter sei. „Fastfood und To-go-Kultur vermüllen unsere Städte und belasten die Umwelt“, sagte sie. Die EU und der Bund seien gefordert, der Bund halte jedoch am gescheiterten dualen System fest. Die Plastikstrategie der EU und deren Paket zur Kreislaufwirtschaft ließen Verbesserungen erwarten. 

Karl Rombach (CDU) erklärte, für die CDU sei ein effizienter Umgang mit den Ressourcen gelebte Verantwortung für die Schöpfung. In einem rohstoffarmen Land wie Deutschland sei dies zudem ein Gebot der Vernunft und der Nachhaltigkeit. Seine Fraktion wolle die Gewinnung von Sekundär-Rohstoffen und der Rückgewinnung kritischer Technologie-Rohstoffen weiter vorantreiben sowie den Ausbau der Phosphorgewinnung und des Batterierecyclings forcieren. Auch die innovative Verwertung von Bauabfällen sei wichtig. Rombach sagte, die Lebensmittel- und Plastikabfälle würden die größten wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderung der kommenden Zeit sein. Baden-Württemberg dürfe sich deshalb nicht ausruhen.

Wertstoffhöfe als Ärgernis

Der gestiegene Online- und Versandhandel trage zum Verpackungsmüll bei, sagte Bernd Grimmer (AfD). Er kritisierte bürokratische Vorschriften, so dass man nicht mehr „den leeren Eierkarton“ zum Wochenmarkt mitbringen dürfe oder eine saubere Tupperschüssel für den Käseeinkauf. Anders als das Umweltministerium sehe seine Fraktion es nicht als Defizit, wenn in 6 der 44 vor allem ländlichen Kreise noch keine Bioabfälle getrennt gesammelt würden. Auf dem Land würden viele Menschen noch selbst die Abfälle kompostieren. „Kleine Mengen und lange Wege für zentrale Lösungen stehen vermutlich in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis“, sagte Grimmer. Auch für eine ökologische Politik gelte, dass der Zweck nicht alle Mittel heilige. Mit Vorschriften und Gängelungen seien Probleme noch niemals nachhaltig gelöst worden.

Abfall- und Müllsortierung sowie Müllverwaltung sei für viele Menschen ein Knochenjob, sagte Daniel Born (SPD). Es gebe auch immer noch Kreise, in denen die Bürger ihren Verpackungsmüll selbst in Kellern und Wohnungen sammeln müssten, um ihn dann selbst zum Wertstoffhof zu fahren. Die SPD wolle, dass im Land flächendeckend eine rechtskonforme und bürgerfreundliche Abfallsammlung garantiert sei. Es sei außerdem schockierend, wenn bei Hunderttausenden von stillgelegten Fahrzeugen jährlich nichts über deren Verbleib gewusst werde. Bei der Erfassung und Verwertung von Verpackungen aller Art, aber auch bei Glas, Kartonagen und Kunststoffen sei die Landesregierung leider keinen Schritt wirklich vorangegangen. Die Verwertung stagniere. Die Sammlung von Wertstoffen gehöre für die SPD in öffentlich-rechtliche Hand. 

Gabriele Reich-Gutjahr (FDP) bezeichnete es als erfreulich, dass in vielen Bereichen der Abfallwirtschaft die Werte nicht gestiegen sind, sondern konstant oder sogar abgenommen haben. Beim Verpackungsmüll setzt die Liberale auf Idee aus der Industrie oder von Menschen, die die Gesellschaft mitgestalten wollen. Sie kritisierte die grün-regierten Ländern, die auf Bundesebene verhindert haben, dass der SPD-Gesetzentwurf eines Wertstoffgesetzes 2015 nicht verwirklicht werden konnte. Für die FDP ist der duale Weg der richtig. „Nach dem Verursacherprinzip muss derjenige, der den Dreck macht, ihn auch wegräumen“, sagte Reich-Gutjahr.


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