Untersuchungsausschuss zur Hochschule Ludwigsburg befragt Kanzlerin und ehemalige Prorektorin

25.06.2018 
Von: schl
 
Redaktion
 
Foto: Archiv

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Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss "Zulagen Ludwigsburg" konzentriert sich an diesem Montag auf die Führungs- und Vertrauenskrise an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg. Befragt wurden die noch amtierende Kanzlerin und die ehemalige Prorektorin. 

Nach der Aussage der Kanzlerin kam der Obmann der FDP-Fraktion im Untersuchungsausschuss, Nico Weinmann, zu dem Schluss, dass die Kanzlerin mit ihrer Weitergabe von Gedächtnisprotokollen und Informationen an das Wissenschaftsministerium ohne Absprache mit den Beteiligten "dazu beigetragen hat, dass ein Klima des Misstrauens an der Hochschule entstand". SPD-Obmann Sascha Binder machte deutlich, dass das Ministerium alles aufgenommen habe, was von der Kanzlerin gekommen sei. Doch von den Vorwürfen, die die Kanzlerin immer wieder erhoben habe, sei nichts übrig geblieben. Für ihn wurde in der Anhörung deutlich, dass die Kanzlerin offensichtlich nicht damit umgehen konnte, dass es im Rektorat Mehrheitsentscheidungen gab und sie sich mit ihrer Position nicht durchsetzen konnte.

Zunächst gute Zusammenarbeit

Nach Angaben der Kanzlerin hatte es innerhalb des Rektorats zunächst eine gute Zusammenarbeit und eine offene Kommunikation gegeben. Diese sei aber mit Steigen des Stresslevels - an der Hochschule gab es viele Baustellen und offene Punkte - schlechter geworden. In Nicht-Kommunikation liegt laut der Kanzlerin die größte Gefahr für Spekulationen und Missverständnisse. Sie sprach von atmosphärischen Störungen.

Zugleich sprach sie auch fachliche Differenzen innerhalb des Rektorats an. Etwa als es um die Frage einer Fusion des Rechenzentrums der Hochschule mit dem der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg ging. Die PH und andere Rektoratsmitglieder hätten gewollt, dass die Verwaltungshochschule ihre Stellen aus dem Rechenzentrum an die PH abgibt. Doch die Fusion war zunächst nur auf drei Jahre angelegt. Wäre sie gescheitert, so hätte die Verwaltungshochschule keine Stellen mehr fürs Rechenzentrum gehabt, erläuterte die Kanzlerin, die sich nach eigenen Worten massiv und erfolgreich gegen das Abgeben der Stellen gestellt hatte. Andere Rektoratsmitglieder hatten befürchtet, dass daran die Fusion der Rechenzentren scheitern könnte.

Binder und Weinmann sehen Rolle der Kanzlerin kritisch

Zu verstärkten Problemen kam es zwischen Kanzlerin und ehemaliger Rektorin im Zusammenhang mit Geschenken für Professoren. Bezahlt wurden aus dem Haushalt zwei Bücher mit Genesungswünschen für seit längerem erkrankte Professoren sowie ein Abschiedsgeschenk - letzteres wurde schließlich privat beglichen. Die Kanzlerin hielt dies für riskant, Geschenke für Professoren über den Haushalt zu finanzieren und holte sich dazu eine Rechtseinschätzung des Ministeriums und einer Gutachterin ein. Warum sie die Angelegenheit Monate nach dem sie erledigt war allerdings noch ans Ministerium gemeldet hatte, konnte die Kanzlerin auf Nachfragen Binders nur mit der Sorge erklären, dass so etwas wieder vorkommen könne. Vorgekommen war es bis dahin nicht.

Ein Großteil der "Unterstützung des Mobbings" durch das Wissenschaftsministerium sei durch Informationen der Kanzlerin entstanden, so Binder. Auch für Weinmann stellte sich die Frage, wie weit das Bild von der Situation an der Hochschule durch die Kanzlerin und in wie weit durch weitere Quellen gestützt wurde.

Thomas Hentschel, der Obmann der Grünen-Fraktion, hingegen hat die Kanzlerin als "souverän, besonnen und sachlich agierend" erlebt. Für ihn hat die Zeugenbefragung gezeigt, dass sich die Kommunikation und Zusammenarbeit an der Hochschule deutlich verändert und verschlechtert hat. Auch habe die Kanzlerin dargelegt, dass die ehemalige Rektorin, Claudia Stöckle, offensichtlich bevor sie die Gutachten zu den Zulagen eingeholt habe, nicht das Gespräch mit den betroffenen Professoren gesucht habe. Er sah die Kanzlerin als ein Opfer der atmosphärischen Störungen.

Rektorin war auf sechs Jahre bestellt

Die frühere Rektorin hatte die Kanzlerin vor dem Ausschuss nach zunächst guter Zusammenarbeit als vehemente Kritikerin beschrieben. Sie habe mit anderen einen gegen sie gerichteten Verdacht auf eine Straftat konstruiert, sich Zugang zu ihren E-Mails verschafft und alles unternommen, um sie zu diskreditieren.

Stöckle war seit 2012 im Amt und auf sechs Jahre bestellt. Sie war Anfang 2015 vom Wissenschaftsministerium suspendiert und danach von den Hochschulgremien abgewählt worden. Inzwischen hat das Verwaltungsgericht ihre Entlassung als rechtswidrig bezeichnet. Die Urteilsbegründung steht noch aus. Die Juristin hatte die rechtswidrigen Zulagen aufgedeckt, die ihr Vorgänger vor seinem Ausscheiden an Professoren vergeben hatte. Beim Umgang mit dieser Hinterlassenschaft wirft das Ministerium Stöckle falsche Angaben und Fehler vor. Diese fühlte sich nach eigenen Worten vom Ministerium mit den Problemen alleine gelassen.

Der Untersuchungsausschuss soll die Vorgänge rund um die Gewährung der Zulagen klären. Im Fokus stehen auch das Krisenmanagement sowie mögliche Pflichtverletzungen von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne).

Prorektorin stützt Stöckles Aussagen

Am Nachmittag befragte der Ausschuss noch die ehemalige Prorektorin. Sie stützte die Aussage Stöckles. Sie sprach von wachsender Unruhe bei den Zulagenempfängern. Dort habe großes Unverständnis bis hin zur ersten Stufe der Aggressivität geherrscht. Hinzu sei gekommen, dass es an der Hochschule zu dem Zeitpunkt noch viele andere Bereiche gab, die abgearbeitet werden mussten bis hin zur deutlichen Erhöhung der Studierendenzahlen. Als Auslöser für die Krise an der Hochschule sah sie unter anderem die "lange Untätigkeit" des Wissenschaftsministeriums mit Blick auf das Altrektorat und die Zulagen sowie die Untätigkeit des Ministeriums angesichts der Resolution, die als Auslöser der Hochschulkrise gilt. Auch das vorgeschlagene Mediationsverfahren war für das Ministerium kein Thema. Obgleich die Prorektorin zuvor aus dem Finanzministerium den Rat bekommen hatte, einen Mediator einzusetzen.

Auch den Kommissionsbericht hielt sie für schwierig.Die Kommission hatte einen personellen Neuanfang vorgeschlagen. Wer sich an die Regel gehalten habe, habe verloren und sei ausgeschieden. Die Prorektorin sprach von verschiedenen Gruppen, denen bei einem Fußballspiel auf dem Spielfeld eine rote oder gelbe Karte gezeigt werden müsse. Im Laufe der Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss machte sie auch deutlich, dass die Stimmung teilweise so aufgeheizt war, dass sie selbst Angst vor Angriffen hatte und sich teilweise an der Hochschule bedroht gefühlt habe.

U-Ausschuss darf Gutachten einsehen

Im Streit um die Übergabe eines neuen Gutachtens zu den Zulagen an den Untersuchungsausschuss scheint nun eine Lösung gefunden. Das Wissenschaftsministerium hatte die Herausgabe des Gutachtens verweigert. Obgleich über die Inhalte dieses Gutachten bereits in Medien berichtet worden war. Nun hat sich das Ministerium bereit erklärt, dem Ausschuss in den kommenden drei Wochen in einem Raum im Ministerium Einblick zu gewähren, wie die Ausschussvorsitzende Sabine Kurtz (CDU) erklärte. Die Expertise einer Karlsruher Kanzlei zu Fragen der Rückzahlung rechtswidriger Zulagen für Professoren beziehungsweise ihrer weiteren Zahlung war vom amtierenden Hochschulrektor Wolfgang Ernst in Auftrag gegeben worden. Er wollte das Gutachten dem Untersuchungsausschuss zuleiten, wurde aber vom Wissenschaftsministerium gestoppt. Das Ministerium argumentierte mit laufendem Regierungshandeln.

Der Untersuchungsausschuss hat außerdem weitere Zeugen benannt. Ursprünglich wollte der Ausschuss die Arbeit bis Ende des Jahres beendet haben. Inzwischen wurden Termine bis zur Sommerpause 2019 festgelegt.


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