Landtagsdebatte mit Polizeieinsatz

12.12.2018 
Von: Henkel-Waidhofer, Brigitte Johanna
 
Redaktion
 

Stuttgart. Die Spannungen zwischen der AfD und den anderen Fraktionen im Landtag haben sich am Mittwoch in einem Eklat entladen, bei dem sogar erstmals in der Geschichte dieses Parlaments Polizei im Plenarsaal aktiv wurde. Eine Grundsatzdebatte zum Paragraphen 218 und zugleich zum Bildungsauftrag von Erziehern und Erzieherinnen, beantragt von der AfD, wurde zum Anlass der Turbulenzen.

Die AfD wollte diskutieren über "Kinder und Familien vor linksideologischen Einflüssen schützen - gegen sozialdemokratische Abtreibungspläne und Gesinnungsprüfungen im Kindergarten". Die Abgeordnete Carola Wolle sprach von "Freigabe von Kindesmord" und "Feminismus im Endstadium". Stefan Räpple kassierte einen Ordnungsruf für seine Aussage an die Adresse der SPD: "So sind sie, die roten Terroristen".

Die Redner von Grünen, CDU, SPD und FPD hielten der AfD vor, Tatsachen zu verdrehen und Sachverhalte nicht zur Kenntnis zu nehmen. "Die Methode, die sie hier anwenden, ist allerdings alles andere als harmlos", so Thomas Poresky, "Sie rütteln an den Grundlagen der westlichen Zivilisation." Denn diese basiere auf den Werten der Aufklärung, die AfD arbeite aber nach einem ganz anderen Schema: "Sie malt einen Teufel an die Wand, den es nicht gibt. Und dann nimmt sie für sich in Anspruch, eben diesen selbst erfundenen Teufel mit großer Geste auszutreiben." Das sei nicht nur unseriös, sondern auch vordemokratisch, im Geist und im Auftreten.

Binder wirft AfD vor, Wortwahl von Rechtsextremen zu übernehmen

Für die FDP nahm sich Hans-Ulrich Rülke auch der Aktion von Wolle und der zweiten Frau in der AfD-Fraktion, Christina Baum, an. Um gegen eine Broschüre der Amadeo-Antonio-Stiftung zum Thema Extremismus und Menschenfeindlichkeit zu demonstrieren, traten Baum und Wolle mit Zöpfen auf. "Diese Art der Skandalisierung" sei in der Broschüre überhaupt nicht erkennbar. Es werde "nach irgendwelchen Belegen für angebliche Weltverschwörungen gesucht, um sich auf diese Art zu profilieren, weil es keine Inhalte gibt", so Rülke.

Auch die CDU-Abgeordnete Sylvia Felder fand deutliche Worte: "Nicht alles, was aus den Echokammern der sozialen Medien zusammengetragen wird, ist auch ein politisches Konzept." Ihre Fraktion sein nicht bereit, sich an dieser Art der Skandalisierung zu beteiligen. Sascha Binder (SPD) warf der AfD vor, die Wortwahl von klar Rechtsextremen zu übernehmen. In der inkriminierten Broschüre gehe es darum, dass Erzieherinnen und Erzieher, die mit rechtsextremen Aussagen von Eltern in der Kita konfrontiert werden, Unterstützung im Umgang damit erhalten. Binder zitierte auch Räpple, der die vom Verfassungsschutz beobachtete Jugendorganisation der AfD in Schutz genommen hatte gegen die "Angriffe und Diffamierungen des linksgrünen, deutschlandhassenden Mainstreams", um "unseren jungen Leute die nötige Rückendeckung zu geben". Die Jugendorganisation dürfe nicht "vor lauter Angst dem politischen Gegner und seinen Medien sinnlos zum Fraß vorgeworfen werden".

Eskalation nach Aussage von Rülke

Anlass zur ersten Eskalation hatte FDP-Fraktionschef Rülke gegeben mit seiner Äußerung, er sei "weiß Gott nicht immer einer Meinung mit der SPD" und dem folgenden Appell: "Schauen Sie mal 80 Jahre in unserer Geschichte zurück, damals saßen die Vorgänger der SPD-Abgeordneten im KZ, weil sie gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz gestimmt haben, und die geistigen Vorläufer von Leuten wie Herrn Räpple sind im Sechserschritt durch das Brandenburger Tor marschiert." Die AfD reagierte empört. Aras erteilte Rügen und verhängte, als Präsidentin mit Hausrecht, einen Sitzungsausschluss, dem der Kehler AfD-Abgeordnete aber nicht nachkam. Erst nach der Überredung durch Polizeibeamte, Landtagsdirektor Berthold Frieß und Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU) verließ Räpple den Plenarsaal. An drei weiteren Sitzungen darf er nicht teilnehmen.

Gerügt und dann ausgeschlossen wurde auch der fraktionslose Wolfgang Gedeon, der mit einem Ausschlussverfahren aus der AfD bedroht ist. "So können Sie ein Parlament in Anatolien führen, aber nicht in Deutschland", hatte Gedeon zur Präsidentin gesagt. Sie rügte ihn, schloss ihn in der Folge aus. Auch er blieb sitzen und musste erst überredet werden. AfD-Abgeordnete kritisierten heftig, dass die Landtagspräsidentin nicht auch Rülke gerügt habe. Dazu sah aber auch der juristische Dienst des Landtags keinen Anlass.


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Titelbild Staatsanzeiger