Gemeinsames Plädoyer für eine nachhaltige Ernährung

31.01.2019 
Von: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
 
Redaktion
 

Stuttgart. In einer von der CDU beantragten aktuellen Debatte „Gesund, regional und nachhaltig – Ernährung als Zukunftsinvestition“ haben am Donnerstag alle Fraktionen im Landtag zu nachhaltiger Produktion und nachhaltigem Verbrauch bekannt. Patrick Rapp (CDU) strich das gemeinsame Ziel von konventionellen und ökologischen Betrieben heraus, die auch nicht gegen einander ausgespielt werden dürften: die Erzeugung regionaler Lebensmittel. „Wir brauchen keinen Systemstreit und keine Haute Cuisine zu Hause, sondern wir brauchen wieder vom Einfachen das Beste“, so der Breisgauer Abgeordnete.

Auch Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) plädierte dafür, „nicht zu bestimmen, sondern zu informieren“. Deshalb sei Ernährungsbildung der zentrale Pfeiler der gesamten Strategie. Schon seine Vorgängerin Gerdi Staiblin (CDU) habe dieses Thema vor Jahren eingeführt. Bildung dürfe allerdings „nicht mit dem Finger und dem Zeigestock betrieben werden“. Es gehe um Geschmackserlebnisse und darum, schon in frühester Kindheit Interesse für Geschmacksvielfalt zu wecken, zum Beispiel über die Ernährung in Kindertagesstätten. Er werde keine Menschen umerziehen, sagte Hauk, "damit er nur noch regional oder bio isst“. Es sei aber wichtig, dass die Menschen erkennen könnten, „was frisch und was gut ist“.  

„Wir brauchen die Kleinen, und wir brauchen auch die Großen“

Von großer Bedeutung sei es, mit regionalen Produkten auch bei großen Ketten unterzukommen. „Dazu brauchen wir aber Lieferfähigkeit im ganzen Jahr“, so Hauk. Ohne Genossenschaften und Größe funktionierte das nicht, das sage er auch in Richtung der Grünen. Es gehe nicht um die Projektion von romantischen Gedanken, sondern "um Schlagkraft: Wir brauchen die Kleinen, und wir brauchen auch die Großen“.

Rapp verlangte unter anderem mehr Informationen über nachhaltigen Konsum und nachhaltige Erzeugung, die Eindämmung der Lebensmittelverschwendung und Angebote von nachhaltigen Angeboten außer Haus. Die CDU habe sich deshalb bei Haushaltsberatungen auch für Mittel für mobile Schulküchen eingesetzt, um „auch den Kleinsten in unsere Gesellschaft das kochen nahezubringen“. Es gebe wenig, was so verbinde wie gemeinsames Essen und Kochen. Regionale Produkte seien zudem gerade im Hinblick auf Klima- und Naturschutz „die bessere Alternative“.

„In gesunde Ernährung zu investieren, ist sicher der richtige Weg, und die grün-schwarze Landesregierung hat mit der Ernährungsstrategie eine sehr gute Grundlage gelegt“, lobte auch Martin Grath (Grüne) das Engagement der Koalition. Zugleich erläuterte der Heidenheimer Abgeordnete Pläne seiner Fraktion, die darüber hinausgehen. Bis 2025 solle mindestens 30 Prozent der Fläche ökologisch bewirtschaftet werden. Ziel sei es, mit gutem Beispiel voranzugehen und in vom Land betriebenen Kantinen und Mensen auf die Verwendung ökologischer und regionaler Produkte umzustellen. Mit einer zusätzlichen Ausgabe von vier Cent pro Essen könne Schulessen nachhaltiger zubereitet werden. 

Der Grüne verlangte eine Umkehr des Trends zur Lebensmittelverschwendung, die der drittgrößte CO2-Produzent der Erde sei. Und er beklagte, dass in Baden-Württemberg fast 25 Prozent aller Erwachsenen sowie sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen stark übergewichtig seien. Gute Ernährung stelle die beste Investition ins Gesundheitssystem dar, weil jährlich ein volkswirtschaftlicher Schaden von 70 Milliarden durch ernährungsbedingte Krankheiten entstehe. Grath plädierte für eine „Nährwert-Ampel“ zur besseren Information der Verbraucher und für eine bundesweit einheitliche und verpflichtende Kennzeichnung analog zu Eiern.  

Carola Wolle (AfD) verlangte den Abbau von Bürokratie, weil sie bäuerliche Betriebe regelrecht erdrücke. Anträge etwa auf Subventionen müssten „auf eine Briefmarke“ passen. Neue Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen dürften Landwirte nicht einseitig belasten.  Und sie kritisierte die EU-Förderpolitik, vor allem den Export von Überschüssen nach Afrika, wodurch heimische Märkte unter Druck gerieten: „Wollten wir nicht Fluchtursachen bekämpfen?“ Hauk kritisierte die „billige Polemik gegen die EU“. Im Landtag werde auch die AfD lernen müssen, sich mit Fakten auseinanderzusetzen.

SPD fordert Lebensmittelampel

Jonas Weber (SPD) beklagte den von Discountern ausgelösten Preiskampf, der es der Landwirtschaft immer schwerer mache. Auch dürfe es keine Zwei-Klassen-Gesellschaft geben mit guter Ernährung für Reiche und „Junk-Food“ für die anderen. Deutschland sei noch immer einer der wichtigsten Fastfood-Märkte. Gesunde Ernährung brauche Aufklärung und eine verlässliche Kennzeichnung in Ampelfarben. „Leider hinken wir hinterher“, so Weber, weil CDU-Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner nicht vorankomme. Und er verlangte, kleine Lebensmittelläden vor Ort zu stärken. Grundsätzlich unterstütze die SPD die Entwicklung hin zur nachhaltigen Landwirtschaft. Schließlich sprach Weber die PFC-Belastung in der Rheinschiene an. Es gebe dort keinen Sanierungsplan für die Böden, gerade dieser Fall zeige aber die Notwendigkeit von Bodenschutz.

Für die FDP warf Klaus Hoher die Fragen auf, bis zu welcher Linie Ernährung überhaupt ein politisches Thema sei. Wie weit dürfe sich der Staat einmischen? Und weiter: "Was bleibt im Sinne von Artikel 2 des Grundgesetzes der persönlichen Lebensgestaltung vorbehalten?" Es sei ein politisches Thema, da ein Drittel des EU-Haushalts in die Agrarförderung fließe. Und wenn es um den volkswirtschaftlichen Schaden insgesamt durch falsche Ernährung gehe. "Bei der Wahl der politischen Mittel sind wir Freien Demokraten aber zurückhaltender als die Grünen und die Christdemokraten", so Hoher weiter. Hinter der verbraucherpolitischen Strategie stecke die Idee, der Staat müssen den Bürgern einen Schubs in die richtige Richtung geben, "und das nenne ich Bevormundung durch den Staat". 


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