Landtag streitet über Arbeit der Koalition

16.05.2019 
Von: Henkel-Waidhofer, Brigitte Johanna
 
Redaktion
 

Stuttgart. Die FDP-Fraktion hat mit der aktuellen Debatte „Von der Komplementärkoalition zur Blockadekoalition“ eine dreistündige Auseinandersetzung im Landtag über die Situation und die Zukunftsfähigkeit Baden-Württembergs angestoßen. Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke musste sich von den Rednern der Grünen und der CDU allerdings vorwerfen lassen, keine einzige eigene Idee zur Zukunft des Landes präsentiert zu haben. „Wer nur von der Ersatzbank zuruft, nicht im Spielfeld ist und sich bei Jamaika-Verhandlungen von Acker macht, der hat ein Problem“, so Wolfgang Reinhart (CDU). Und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) blickte sogar auf die Regierungsbildung 2016 zurück, um seinerseits der FDP Verweigerung vorzuwerfen. 

Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte die Stimmung im Hohen Haus vorausgeahnt. Sie appellierte in Erwartung einer „sehr zugespitzten Debatte“ zum Auftakt des Plenartags an alle Abgeordnete, Ruhe zu bewahren und sich gegenseitig zuzuhören. An Aufregern sollte dann tatsächlich kein Mangel sein. Rülke erinnerte an das von „Innenminister Strobl präsentierte Papier, das 17 Streitthemen der Koalition schriftlich fixiert“. Davon verweigerten die Grünen 16: „Der Zwischenstand, den der Trainer Strobl zu verantworten hat, ist also 1:16, und ein solcher Trainer käme beim Fußball zur zweiten Hälfte gar nicht mehr aus der Kabine“.

Landesregierung mit VfB verglichen

Auch AfD-Fraktionschef Bernd Gögel zog Fußball-Vergleiche. Die Leistung der Landesregierung erinnere ihn an den VFB Stuttgart, von dem noch nicht klar sei, ob er sich in der ersten Liga halten könne: „Und ob das Land Baden-Württemberg in der ersten Liga bleibt, werden wir auch noch sehen“. Deshalb seien „Trainer und Team auszuwechseln, um wieder auf die Erfolgsspur zurückzukommen“.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch beschrieb Grün-Schwarz als auf einem Volksfest-Karussell sitzend. „Da blinkt und blitzt es und manchmal gibt es künstlichen Rauch, es scheppert und dann geht es rauf und runter und hin und her und es gibt viel Geschrei“, so der frühere Kultusminister. Und am Ende halte das Fahrgeschäft wieder an und man steige genau da aus, wo man eingestiegen sei, man sei "bei all dem Rummel keinen einzigen Meter vorangekommen". „Das ist auf dem Frühlingsfest völlig in Ordnung“, so Stoch, „bei einer Landesregierung ist das schlimm, und es ist schlimm für das ganze Land und für uns alle.“ Und weiter: „Bauen Sie Ihre Fahrgeschäfte ab, lassen Sie das grün-schwarze Preisboxen sein, und wenn Sie nicht mehr können als sich im Kreis zu drehen, dann sind Sie fehl am Platze, dann gehören Sie nicht in die Regierung, sondern auf den Rummel“.

Die Vorsitzenden der Regierungsfraktionen Andreas Schwarz (Grüne) und Wolfgang Reinhart (CDU) versuchten mit Fakten zu kontern. Schwarz zitierte zudem die „stabilen Umfragewerte“, wonach „drei Viertel der Bevölkerung mit dem Ministerpräsidenten zufrieden oder sehr zufrieden sind und zwei Drittel sagen, die Landesregierung mache eine gute Arbeit“.

Kretschmann will Vorwürfe nicht gelten lassen

Reinhart sprach mit Blick auf Rülke von einem „Amateurkabarett“ und davon, dass der FDP-Fraktionschef „keinen einzigen Satz zur Gestaltung des Landes gesagt hat“. Und er lobte die „reihenweise Durchbrüche in dieser Woche“, von Blockade könne keine Rede sein. Als Beispiel nannte er die Forstreform, die Landesstrategie Bioökonomie, die Landesbauordnung, die Eckpunkte Klimaschutzgesetz und den kommunalen Wohnungsbau. Die Koalition handle, löse Probleme, „wir gestalten die Zukunft, und Sie laufen nur missgünstig hinterher“.   

Auch Kretschmann mochte die Vorwürfe nicht gelten lassen. Er präsentierte eine lange Liste von positiven Zahlen und gemeinsamen Projekten, zur Arbeitslosigkeit, zur Wirtschaftskraft, zur künstlichen Intelligenz, zum ehrenamtlichen Engagement oder zu den Anstrengungen in der Wohnbauförderung. Vor allem aber warf er Rülke vor „zu lindnern“, wie es in Anspielung auf das Ende der Jamaika-Verhandlungen im Bund ja inzwischen heiße. Die hiesige FDP sei nicht einmal bereit gewesen, Sondierungsgespräche darüber zu führen, ob eine gemeinsame Landesregierung mit Grünen und SPD möglich sein könnte: „Wenn man gar keine Koalition will, dann kann man sich nett in der Opposition einrichten und starke Sprüche von sich geben.“ Die Grünen und die CDU hätten dagegen Verantwortung für das Land übernommen. Eigene Befindlichkeiten seien zurückgestellt worden im Wissen, dass „ein Kompromiss keine Demütigung ist“.

Blockaden aufgelöst bekommen

Zudem räumte der Regierungschef ein, dass es eine "Durststrecke zwischen Weihnachten und Ostern" gegeben habe. Das Entscheidende seien aber nicht Blockaden, sondern "ob man sie aufgelöst bekommt, und das ist bei uns der Fall“.

Und Innenminister Thomas Strobl (CDU) nutzte die Gelegenheit, die SPD für ihre Versäumnisse in der inneren Sicherheit und in der Polizeiausbildung während der vergangenen Legislaturperiode zu kritisieren. Sozialdemokraten hätten blockiert, die Landesregierung handle. Den früheren SPD-Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid griff Strobl direkt an, weil der Täler im Schwarzwald zuwachsen lassen wollte. Sein Innenministerium habe inzwischen 500 Maßnahmen zum Breitband-Ausbau für 135 Millionen Euro auch in ländlichen Regionen auf den Weg gebracht und die CDU insgesamt die Wirtschaftspolitik „aus der Gefriertruhe geholt“. Die SPD habe dagegen „so gut wie nichts auf die Kette gebracht". 


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