Opposition bemängelt Kompromisse bei neuer Landesbauordnung

17.07.2019 
Von: Michael Schwarz
 
Redaktion
 

Stuttgart. Regierung und Opposition sind beim Thema Landesbauordnung in vielen Punkten einig. Dennoch versagten AfD, SPD und FDP ihre Zustimmung zur Novelle, die an diesem Mittwoch mit den Stimmen von Grünen und CDU in zweiter Lesung beschlossen wurden. Nach dem Geschmack der Opposition hat die Regierung zu viele Kompromisse in die eine oder andere Richtung gemacht.

Einer dieser Punkte ist die Barrierefreiheit. Sie wird nun nur bei Neubauten verschärft, bei Aufstockungen jedoch gelockert. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) begründete dies damit, dass in Altbauten dafür oft kein Platz vorhanden sei. Sie verteidigte auch die Regelung, wonach in Zukunft die Kommunen darüber entscheiden, ob Bauherrn Fahrradstellplätze einrichten müssen oder nicht. Erik Schweickert (FDP) warf ein, dass das Wirtschaftsministerium laut einem Pressebericht ursprünglich die Fahrradstellplatzpflicht völlig kippen wollte. Dem widersprach die Wirtschaftsministerin nicht, sagte aber, dass die neue Regelung eine sei, „die allen gerecht wird“. Mit der aktuellen Novelle sei es gelungen, die Anforderungen, die sich auf dem demografischen Wandel und dem technologischen Fortschritt ergeben, unter einen Hut zu bringen. Die Novelle unter Grün-Rot habe dagegen Bauen verlangsamt und verteuert.

Grüne lobt Beteiligungsprozess

Susanne Bay (Grüne) lobte den breiten Beteiligungsprozess. Grün-Schwarz habe „eine abgewogene, zielführende Antwort“ auf die Frage gefunden, wie zugleich mehr und barrierefreier gebaut werden könne. Die kommunale Selbstverwaltung sei für die Grünen ein hohes Gut. Auch die Verlängerung der Frist zur Einführung des digitalen Bauantrags sei eine „lebensnahe Entscheidung“ – schließlich stünden die entsprechenden Computerprogramme noch nicht zur Verfügung. Wohnen sei ein Grundbedürfnis und deshalb auch prioritäres politisches Ziel für ihre Partei.

Tobias Wald (CDU) sagte, sein Ziel sei „mehr Wohnraum, weniger Bürokratie.“ Die neue Landesbauordnung trage ihren Teil dazu bei. Er verwies auf die Verbändeanhörung, die wichtige Impulse geliefert habe. „Wir machen Gesetze gemeinsam mit den Menschen.“ Die Novelle der Landesbauordnung sei eine Novelle, die ihren Namen wirklich verdient. Die Kommunalverbände hätten ihm bestätigt: „Es ist ein gutes Gesetz.“ Über 20 Erleichterungen seien vorgesehen, etwa, was die Spielplatzpflicht, den Holzbau und die Aufstockung betrifft. 100 Millionen Euro an Bürokratiekosten würden so eingespart, wie der Normenkontrollrat ermittelt habe.

Anton Baron (AfD) warf Grün-Schwarz vor, nicht an pragmatischen Lösungen interessiert zu sein. Stattdessen gebe es weiterhin eine Pflicht zur Fassadenbegrünung. Außerdem warf er den Regierungsparteien einen „Elektro-Hype“ vor, weil die neue Landesbauordnung Ladestationen für E-Autos vorsieht. Gleichzeitig werde die Einführung des digitalen Bauantrags bis 2022 verzögert, statt sie, wie von der AfD gefordert, auf 2020 vorzuziehen.

Baron schwebt außerdem vor, ein Minarettverbot in der Landesbauordnung festzuschreiben. Dies könne mit einer Formulierung wie „abendländisches Ortsbild“ erreicht werden. Die Schweiz und Vorarlberg nannte er als Vorbilder. Mit ihrer Zustimmung könne die CDU beweisen, dass sie eine christliche Partei sei und keine „klein beigebende Koalitionspartei“.

SPD fordert Wohnraumoffensive

Daniel Born (SPD) sagte: „Baden-Württemberg braucht eine Wohnraumoffensive.“ Die Menschen wohnten sich „förmlich arm“, was zu einer Entmischung der Quartiere führe. Born warf Hoffmeister-Kraut vor, die Landesbauordnung zur „größten Schlafbaustelle der Republik“ gemacht zu haben. 894 Tage habe sie für die Novelle gebraucht. Beim Thema Barrierefreiheit hätte er sich mehr Konsequenz gewünscht.

Gabriele Reich-Gutjahr (FDP) erinnerte daran, dass die Zahl der Vorschriften in den vergangenen Jahrzehnten von 5000 auf 20.000 gestiegen ist. Nun bestehe die Gefahr, dass sie in ein paar Jahren bei 30.000 liege. Es sei falsch gewesen, die Dachbegrünungs- und Fahrradstellplatzpflicht nicht abzuschaffen. Was den digitalen Bauantrag angeht, rät sie dazu, „von den Schnellen zu lernen“. Dies sei nicht der Bund, sondern beispielsweise die Stadt Ulm.


Ihre Ansprechpartner

Sie haben Fragen oder Anregungen?
Hier finden Sie Ihren Ansprechpartner.

Kontakt

Titelbild Staatsanzeiger