Landtag sagt nein zu FDP-Schulkonzept, CDU lobt dennoch Ziel

06.11.2019 
Von: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
 
Redaktion
 

Stuttgart. Mit den Stimmen der anderen vier Fraktionen hat der Landtag einen Gesetzentwurf der FDP zum Erhalt eines vielfältigen Schulangebots abgelehnt. Die Liberalen wollten Kriterien verändern, die eine regionale Schulentwicklung auslösen und Schließung von weiterführenden Schulen führen können. Konkret geht es um Haupt- und Werkrealschulen. Bei der Prüfung des Fortbestands einer Schule sollte „nicht mehr allein die Zahl der Anmeldungen in Klasse fünf, sondern die durchschnittliche Zahl der Schüler in den Klassenstufen fünf bis neun herangezogen“ werden.

Für die CDU lobte Karl Wilhelm Röhm zwar diese Zielsetzung, die Regierungsparteien hätten dem Gesetzentwurf der Liberalen aber ein eigenes Konzept entgegengestellt. Insofern könne sich die FDP freuen, dass ihrem Anliegen Rechnung getragen werde.

Zu einem heftigen Schlagabtausch kann es vor allem zwischen den Bildungspolitikern der SPD-Fraktion auf der einen und Röhm sowie Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) auf der anderen Seite. Letztere kritisieren vor allem, wie in der vergangenen Legislaturperiode die verbindliche Grundschulempfehlung abgeschafft worden sei. „Das war nicht der Weisheit letzter Schluss“, beklagte Eisenmann. Auf das deshalb veränderte Schulwahlverhalten müsse reagiert werden. Auch die Landesregierung wolle die noch bestehenden betroffenen 235 Schulstandorte erhalten. Das Vorgehen der FDP sei allerdings nicht ausreichend durchdacht.

"Schüler bekommen vor Augen geführt, dass sie nicht willkommen sind"

Für die SPD warf der Mannheimer Landtagsabgeordnete Stefan Fulst-Blei der Ministerin vor, „konservatives Denken über pädagogische Sinnhaftigkeit" gestellt zu haben. In der Zeit eines SPD-geführten Kultusministeriums sei den Realschulen der Wunsch erfüllt worden, auch den Hauptschulabschluss anbieten zu können mit dem „zentralen Konstrukt“ einer Orientierungsstufe in den Klassen fünf und sechs sowie der Möglichkeit eines binnendifferenzierten Unterrichts ab Stufe sieben. Bildungspolitisch sei damit jedem Kind die Chance gegeben worden, sich Stück für Stück das mittlere Bildungsniveau zu erarbeiten.

Heute bekämen schwache Schülerinnen und Schüler Tag für Tag vor Augen geführt, dass sie an der Realschule nicht willkommen sind. Den Lehrkräften sei untersagt, sie systematisch aufzubauen und auf ein höheres Niveau zu holen. Die Konsequenz sei die „Abschulung“. Stattdessen sollten in den Realschulen die pädagogischen Möglichkeiten eröffnet werden, Kinder aufzubauen und nicht zu demütigen. Röhm verlangte von Fulst-Blei daraufhin erregt, den Begriff „Abschulung nicht mehr in den Mund zu nehmen“, und fragte, wie oft der SPD-Abgeordnete seinerseits abgeschult worden sei.

Für die Grünen plädierte Andreas Bogner-Unden dafür, auch künftig nicht mit dem Abschulen von Schülerinnen und Schülern der Klassen sechs, sieben oder acht zu kalkulieren: „Das lehnen wir als pädagogisch untragbar und unverantwortlich ab.“ Rainer Balzer (AfD) warf der Koalition vor, in der Standortdebatte den ländlichen Raum zu vernachlässigen. Es gehe darum, „die richtigen Schulen passend zur Begabung junger Menschen und für einen richtigen Start ins Berufsleben anzubieten“. Dafür müsse aber ganz neu gedacht werden. Ministerin Eisenmann wiederum versprach, mit ihren Plänen einer immer größeren Vielfalt und des differenzierten Angebots der wachsenden Heterogenität der Schülerschaft gerecht zu werden.   

FDP wirft Grünen ideologischen Blockadehaltung vor

Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion Timm Kern appellierte an die Kultusministerin, „der ideologischen Blockadehaltung der Grünen den Rücken zu kehren“. Um die noch vorhandene Vielfalt „unseres gegliederten, ausdifferenzierten Bildungssystems zu erhalten, ist es dringend erforderlich, dass sich der Landtag ohne Wenn und Aber hinter die Haupt- und Werkrealschulen stellt und ihre ausgezeichnete Arbeit dadurch würdigt, dass er die starren Bestimmungen der regionalen Schulentwicklung entsprechend flexibilisiert“. Verbissen hielten Grünen aber am Wunschtraum der Einen-Schule-für-alle fest.

Auch Kern sieht die eigenen Vorstellungen aufgegriffen durch Eisenmann: Offensichtlich unter dem Druck der bevorstehenden Abstimmung über unseren Gesetzentwurf habe sie ein Konzept zur Stärkung der Haupt- und Werkrealschulen abgekündigt. Nachdem die Grünen aber immer noch den Begriff Restschule bemühten, „bleibt aber abzuwarten, inwieweit die Koalition eine echte Unterstützung für die Haupt- und Werkrealschu


Ihre Ansprechpartner

Sie haben Fragen oder Anregungen?
Hier finden Sie Ihren Ansprechpartner.

Kontakt

Titelbild Staatsanzeiger