Mehr Zeit für Kita-Leitung

14.11.2019 
Von: Marie Schächtele
 
Redaktion
 

Stuttgart. Der Landtag hat gegen die Stimmen der Opposition zwei Gesetze verabschiedet, die die frühkindliche Erziehung im Land voranbringen sollen. Mehr Geld soll in die Qualität der Leitung von Kindertagesstätten und Kindergärten fließen. In einem Forum für Frühkindliche Bildung soll der Stand der Betreuungseinrichtungen ständig evaluiert werden.

„Die Leitung von Kindertageseinrichtungen hat sich zu einer Aufgabe entwickelt, die mit der Leitung eines kleinen Unternehmens vergleichbar ist“, sagte Brigitte Lösch (Grüne) bei der Vorstellung beider Gesetzentwürfe am Donnerstag im Landtag. Deshalb sollen Leitungen von jetzt an „Leitungszeit“ erhalten, in der sie pädagogischen Leitungsaufgaben nachgehen können. Außerdem sollen pädagogische Inhalte im Kindertagesbetreuungsgesetz gesetzlich festgelegt werden. Weil Krippen-Angestellte viel stemmen müssen, sollen Mindestpersonalschlüssel für Kinderkrippen im Gesetz verankert werden.

Die frühkindliche Bildung nehme einen wichtigen Stellenwert in der Politik der Landesregierung ein, sagt Lösch. „Kindertageseinrichtungen legen den Grundstein für die Entwicklung der Kinder.“ Weil Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitrügen, sei die gute Ausstattung der frühkindlichen Bildung für Baden-Württemberg ein Standortvorteil.

Kommunen erhalten Ausgleich

Mit dem Gute-Kita-Gesetz des Bundes fließen 5,5 Milliarden Euro bis 2022 in die frühe Bildung. 729 Millionen Euro im ersten Jahr und einen jährlich aufsteigenden Betrag erhält Baden-Württemberg. Das Geld fließt schwerpunktmäßig in drei Bereiche: eine Fachkräfteoffensive, die Weiterqualifizierung der Kindertagespflege und die Stärkung der Leitungskräfte. Als Ausgleich für die Leitungszeit erhalten die Kommunen nun vom Land Geld aus dem Gute-Kita-Gesetz.

Sechs Stunden pro Woche sollen die Kita-Leiter als Sockel zur Verfügung haben. Zwei Stunden kommen pro Gruppe hinzu. „Für große Kitas gibt es keine Deckelung der Leitungszeit“, sagte Lösch. Es gehe nicht um die Optimierung der Kinder, sondern darum, sie zu stärken, sagt Alexander Becker (CDU). Außerdem sollen die Kommunen weiterhin selbst darüber entscheiden, ob Kitas beitragsfrei besucht werden können. Aber die Solidargemeinschaft greife ein, wenn jemand die Kosten nicht zahlen könne.

Auch die FDP-Fraktion befürwortet die Leitungszeit. Timm Kern kritisierte jedoch, dass eine perspektivische längerfristige Finanzierung nicht gesetzlich verankert wurde. Außerdem fehlt es ihm an einem „Gesamtkonzept“. „Die Politik bleibt Stückwerk“, ergänzte er.

Abgeordneter Daniel Born (SPD) beklagte, dass die Finanzierung bis 2022 befristet ist. Dann endet auch das Programm des Bunds. Das Land müsse über die Zeit, die der Bund fördert, hinaus die Finanzierung sichern. Er klagte über die Gesetze, die auf der Bundesebene beschlossen wurden: „Frau Eisenmann ist daran gescheitert, an den richtigen Stellen eine Schippe draufzulegen.“

150 Millionen Euro seien für die Kitaleitungszeit vorgesehen, die Kommunen hielten das aber nicht für ausreichend. Außerdem würden organisatorische Aufgaben, die für Kitaleitungen anfallen, nicht im Gesetz erwähnt. Um mehr Personal zu gewinnen, müsse es einen besseren akademischen Weg in Kitas geben. Es brauche mehr Studienplätze im Bereich der frühkindlichen Bildung.

Das Forum Frühkindliche Bildung zur Evaluation, wissenschaftlichen Beratung und Vernetzung von Praxis und Theorie nimmt am 1. Januar 2020 die Arbeit auf. Die Qualität in der Kindertagesbetreuung soll so verbessert werden. Wo das Zentrum entsteht, ist noch nicht klar.

„Es darf keine Konkurrenz zu den bisher bestehenden Qualitätsprogrammen der freien Träger und Kommunen entstehen“, sagte Lösch. Aber das Besondere in Baden-Württemberg sei gerade die Verantwortungsgemeinschaft, in der in dem Bereich alle zusammenarbeiten würden.

SPD kritisiert „Eingriffe in die Trägerhoheit“

Born kritisiert das geplante Zentrum. Er befürchtet, dass die Gründung eines solchen Zentrums mit „Eingriffen in die Trägerhoheit“ verbunden ist. Bestehende Strukturen müssten genutzt werden, statt nahe am Kultusministerium so ein Zentrum anzusiedeln. Sechs Millionen Euro und 60 neue Stellen könnten in so einem Forum viel Gutes bewirken, doch er rechnet mit einer neuen „Verwaltungseinheit unter der Fuchtel des Kultusministeriums“. „Die Kommunen sind für die frühkindliche Bildung originär zuständig“, sagte auch Kern. Es gebe große Kritik von Seiten der Kommunen, des Verbands Bildung und Erziehung und der Kirchen.

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sagte, das Land stecke mit dem „Pakt für gute Bildung und Betreuung“ bereits 80 Millionen Euro jährlich in die Bildung und Betreuung von Kindern. „Das ist eine ordentliche Schippe.“ Auch sie sei dafür, dass sich das Gute-Kita-Gesetz verstetigen würde. Mit dem geplanten Zentrum und den neuen Regelungen soll das Stückwerk beendet werden.


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Titelbild Staatsanzeiger