Landtag billigt Einzelplan des Innenministeriums

11.12.2019 
Von: Wolf Günthner
 
Redaktion
 

Stuttgart. Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen von Grünen und CDU hat der Landtag am Mittwoch den Einzelplan 03 des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration gebilligt. Dies sei ein „kraftvoller Doppelhaushalt“, mit dem die Landesregierung notwendige Investitionen angehe und anpacke, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs. Der Etat des Ministeriums beläuft sich im Jahr 2020 auf 4,113 Milliarden Euro und im Jahr 2021 auf 4,155 Milliarden Euro und ist damit der viertgrößte Einzelplan im Landeshaushalt.

Innere Sicherheit sei das Markenzeichen der Regierung, erklärte Strobl. In Baden-Württemberg sei es so sicher wie nirgendwo auf der Welt. „Wir schützen unsere Bürger“, sagte der Minister; deshalb habe Grün-Schwarz die „größte Einstellungsoffensive bei der Polizei“ in die Tat umgesetzt. Bis weit ins nächste Jahrzehnt werde damit eine gute Personalsituation garantiert. Obwohl mehr Mittel für den laufenden Betrieb der Polizei notwendig seien, gehöre es zur Vergangenheit, dass der Polizei im Südwesten „das Benzin ausgeht und Streifen ausfallen“.

Zur Digitalisierung berichtete Strobl, man wolle „jedem Schwarzwaldhof“ das schnelle Internet bringen. Zwischen 2016 und 2021 würden mehr als eine Milliarde Euro in die Breitband-Infrastruktur gesteckt, denn schnelles Internet sei „die Lebensader der Digitalisierung“. Über 90 Prozent der Haushalte in Baden-Württemberg hätten dieses bereits. Durch die Schaffung einer Cybersicherheitsagentur mit 46 Stellen werde die Cybersicherheit erhöht. Beim Flüchtlingsthema will der Innenminister weiterhin nach der Devise „Herz und Härte“ verfahren; wer sich unter dem Schutzschild des Asylrechts kriminell betätige, müsse konsequent abgeschoben werden. Die höhere Feuerschutzsteuer werde den Kommunen und der Landesfeuerwehrschule Bruchsal zufließen.

Abgeordnete der Regierungsfraktionen lobten den Einzelplan 03, die Fraktionen der Opposition kritisierten ihn. Der Etat sei Ausdruck der vielfältigen Bemühungen, die Sicherheit der Bürger zu garantieren, konstatierte Hans-Ulrich Sckerl (Grüne). Niemand müsse sich Sorgen um die innere Sicherheit machen, Baden-Württemberg sei das Sicherheitsland Nr. 1 mit einer Kriminalitätsrate „so niedrig wie seit 30 Jahren nicht mehr“. Neue Bedrohungen und Herausforderungen sieht Sckerl durch zunehmende Sexualstraftaten und der häuslichen Gewalt, durch den Rechtsextremismus sowie den Antisemitismus. Das Land wolle den Aufenthalt im öffentlichen Raum sicher garantieren. Der Schutz jüdischen Lebens gehöre zur DNA des Landes. Sckerl berichtete, die Landesregierung wolle nächste Woche im Kabinett ein neues Konzept zur Prävention, Hilfen und Verfolgung von Taten beraten.

Der Grünen-Innenexperte lobte auch die „größte Einstellungsoffensive der Polizei“ in der Geschichte des Landes mit weiteren 3000 Stellen. Eine Herausforderung sei die Cyberkriminalität, wodurch neue Stellen, auch beim Landeskriminalamt und dem Landesamt für Verfassungsschutz, geschaffen werden müssten. Ziel bei der Digitalisierung sei es, bis 2025 auch den letzten Bauernhof im Schwarzwald mit Breitbandkabel versorgt zu haben.

Angesichts der am Dienstag erfolgten Einigung nach langen Verhandlungen zwischen Land und Kommunen im Bereich der Zuschüsse für die Unterbringung von geduldeten Asylbewerbern und der Kosten im Zusammenhang mit dem neuen Bundesteilhabegesetz in Höhe von fast einer halben Milliarde Euro verwies Thomas Blenke (CDU) auf die „enge Zusammenarbeit“ zwischen den Kommunen und dem Land. Das Subsidiaritätsprinzip sei für die CDU-Fraktion ein „hohes Gut“. Alle strittigen Fragen seien geklärt worden, „ein Scheitern wäre fatal gewesen“.

Für Blenke ermöglicht der Etat des Innenministeriums „eine kraftvolle Innenpolitik“. So bezeichnete er die Digitalisierung als „so wichtig wie Strom und Wasser“. Das Land stelle weitere 60 Millionen dafür bereit. Durch die Cybersicherheits-Strategie schaffe man digitale Sicherheit. Der CDU-Polizeiexperte sprach sich auch für die Stärkung des Ehrenamts in „Blaulichtorganen“ aus. Helfer vor Ort würden die Zeit bis zum Eintreffen von Rettungsdiensten verkürzen. Bei der Ausbildung neuer Polizisten gehe das Land an die Kapazitätsgrenze; gleichzeitig würden mehr neue Kräfte eingestellt als in Pension gehen.

„Angriffe auf unsere Sicherheit und Freiheit werden wir nicht zulassen, egal von welcher Seite“, stellte Sascha Binder (SPD) klar. Beim Thema Cybersicherheit kritisierte er nicht die vier Millionen Euro für den Aufbau einer Cybersicherheitsagentur, sondern dass der Innenminister kein Konzept habe, wie diese aufgestellt werden soll. Welche Aufgabe hat die Agentur mit 83 Stellen, fragte Binder den Minister. Der sei im Finanzausschuss auch die Antwort schuldig geblieben, wie es gelinge, diese Stellen zu besetzen.

Bei der Personalsituation sieht die SPD noch „kein Licht am Ende des Tunnels“. Es seien weniger Polizisten im Dienst als zu Beginn der Amtszeit Strobls. Die Personalnot werde erst 2024 überwunden werden. Auch der Umgang mit Flüchtlingen sei kein Ruhmesblatt für die Landesregierung; gut Integrierte würden abgeschoben, Kinder sogar aus Kindergärten und Schulen. Binder forderte die Grünen auf, ihre Richtlinienkompetenz zu nutzen, denn sie seien „kein Teil der Zuschauerbank“.

Aus Sicht von Daniel Rottmann (AfD) ist die Sicherheit für Mitbürger in Baden-Württemberg „nicht mehr gegeben“. Er verwies auf 4767 Angriffe auf Polizisten, 177 auf Rettungsdienst und 21 auf Angehörige der Feuerwehr. Der Eigenschutz der Beamten müsse durch entsprechende Abwehrgeräte gestärkt werden. Die Polizei aber werde „kaputtgespart“, kritisierte er. In der Summe der Polizisten habe sich nichts getan, denn es gebe mehr Pensionäre als Neuzugänge. Minister Strobl sei „krachend gescheitert“. Rottmann forderte, 40 Prozent weniger Geld für Flüchtlinge und Asylbewerber auszugeben. Sein Fraktionskollege Klaus Dürr (AfD) befürchtete, dass die flächendeckende Abdeckung mit schnellem Internet scheitern werde. Er konstatierte eine Benachteiligung des ländlichen Raums beim Breitbandausbau.

„Enttäuscht“ zeigte Nico Weinmann (FDP) über die Bilanz des Innenministers. Entgegen dessen Ankündigungen Strobls seien derzeit weniger Polizisten auf den Straßen als 2016. Die Attraktivität des Berufs müsse gestärkt werden. Es sei inakzeptabel, dass Polizisten weiterhin für Nacht- und Wochenendschichten Zulagen von teilweise gerade einmal 77 Cent erhalten. Deshalb wundere ihn nicht, dass jeder sechste Polizist im Land einer Nebenbeschäftigung nachgehe. Auch bei der Ausstattung hapere es. In Nordrhein-Westfalen habe fast jeder zweite Polizist ein Smartphone, in Baden-Württemberg nur jeder zehnte. „Die Polizeiarbeit muss dringend digitaler werden“, forderte Weinmann.

Daniel Karrais (FDP) urteilte, die von der Landesregierung viel gerühmte Digitalisierungsstrategie habe sich ad absurdum geführt. Statt einer unter dem Dach des Innenministeriums koordinierten Strategie würden die Projekte nur noch in den jeweiligen Fachministerien abgewickelt. „Deswegen kann und ist ein eigenständiges Digitalisierungsministerium die einzige Lösung“, forderte Karrais.


Ihre Ansprechpartner

Sie haben Fragen oder Anregungen?
Hier finden Sie Ihren Ansprechpartner.

Kontakt

Titelbild Staatsanzeiger