Kretschmann fordert, Zusammenhalt auch zu leben

20.05.2020 
Redaktion
 

STUTTGART. Zu einem heftigen Schlagabtausch über die Corona-Politik der Landesregierung kam es im Landtag vor allem zwischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke.

Die Tatsache, dass jeweils ab Montag geltende Corona-Verordnungen und deren Fortschreibungen in der Regel erst freitags spätabends oder überhaupt erst am Samstag notverkündet wurden, wertete Rülke in der von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Debatte als „Planlosigkeit“.

Außerdem schlug er den Bogen zu den Corona-Demonstrationen: „Regierende jammern über Wutbürger und über das Blühen von Verschwörungstheorien.“ Angesichts der Widersprüchlichkeit, Zerstrittenheit und Inkompetenz der Landesregierung sei das aber kein Wunder. Kretschmann konterte, der Landtag befinde sich ganz offensichtlich auf dem Weg zurück zur Normalität, und der FDP-Fraktionschef sei wieder „ganz der Alte“.

FDP: Neue Verordnungen werden zu kurzfristig bekannt gegeben

Seit Ende April gab es Kritik an der Koalition, dass Verordnungen, zunächst zum Lock-Down und aktuell zur Lockerung von Maßnahmen, verspätet notverkündet werden. Zudem seien sie „mit heißer Nadel“ gestrickt, so Rülke, weshalb sie immer wieder kurzfristig verändert werden müssten: „Wie soll die Bevölkerung Akzeptanz für eine solche Politik gewinnen?“ Das  Grundprinzip dieser Regierung laute: „Eine Corona-Verordnung kommt Sonntagabend um 23 Uhr 59, und die Kommunen sollen sie dann am Montagmorgen umsetzen.“

Kretschmann hatte seinerseits ebenfalls Beispiele parat, allerdings zur Entkräftung der Kritik: Er erinnerte daran, wie in nur einem Tag die bundesweiten Beschlüsse zu Beschränkungen und Verboten am 16. März im Land umgesetzt worden seien oder die Einführung der bundesweiten Kontaktverbote am 22.März „noch am selben Tag verkündet wurde“. Auch die ersten Lockerungen am 15. April seien „in rasantem Tempo“ umgesetzt worden.

Stoch sieht berechtigten anlass zur kritik

Dabei gelte, dass „Lockerungen immer komplexer sind als Schließungen“. Überhaupt nicht verstehen könne er den Vorwurf, „dass wir am Wochenende arbeiten", denn natürlich arbeite die Landesregierung in solchen Krisenzeiten alle sieben Tage der Woche. Das Virus kenne auch kein Wochenende. Außerdem seien alle Lockerungen Kann-Bestimmungen und kein Muss. Jeder Firmeninhaber, der länger zur Vorbereitung der Öffnung brauche, könne sie sich nehmen.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch unterschied zwischen der Anfangsphase samt der notwendigen Einschränkung und dem Wiederhochfahren. Jetzt gebe es berechtigten Anlass zur Kritik, weil rasch und verlässlich die richtigen Entscheidungen getroffen werden müssten, was aber nicht geschehe.

Für die AfD befasste sich Fraktionschef Bernd Gögel ebenfall mit den Demonstrationen und erklärte, die Bürger hätten ein Gespür dafür, „wann sie einschreiten müssen, und wir sind froh, dass wir ihr Sprachrohr im Parlament sind“.

Andreas Schwarz nimmt Kretschmann in Schutz

Auch CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart nahm zum Thema Wochenendarbeit Stellung und erklärte für die Abgeordneten und für die Regierung: "Wir haben noch nie so viel Arbeitszeit investieren müssen wie in dieser Ausnahmesituation. Deshalb hat es für uns nie ein Wochenende gegeben, seit die Pandemie ausgebrochen ist.“

Sein Grünen-Kollege Andreas Schwarz nahm Kretschmann in Schutz, nachdem Rülke, aber auch SPD-Fraktionschef Andreas Stoch moniert hatten, die Regierung habe einfach keinen Plan. Diesen "völlig unverständlichen" Vorwurf müsse er "scharf zurückweisen“. 

Kretschmann habe das Vorgehen der Regierung erläutert: „Ziel  Nummer eins ist der Schutz von Leid und Leben, zwei Nummer zwei das Gesundheitssystem  gut aufzustellen, Ziel Nummer drei ist Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben am Laufen zu halten.“ Kretschmann selber widersprach der Darstellung, er habe behauptet, hervorragend zu regieren. Das sei falsch, denn: „Ich heiße nicht Donald Trump, sondern Winfried Kretschmann.“ Natürlich habe seine Koalition Strategie und Plan, und trotzdem sei es „unmöglich, auf dem Weg aus der Pandemie widerspruchsfrei zu agieren“.


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