Opposition: Landeskonjunkturprogramm ist im Herbst zu spät

17.06.2020 
Redaktion
 

STUTTGART. In Abwesenheit zahlreicher Kabinettsmitglieder, darunter Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der sich mit dem Treffen der Regierungschefs von Bund und Ländern in Berlin entschuldigen ließ, aber auch Innenminister Thomas Strobl (CDU) und Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne), befasst sich der Landtag in seiner ersten Sitzung nach der Pfingstpause mit den konjunkturellen Auswirkungen der Corona-Krise.

Für die CDU bewertet Fraktionschef Wolfgang Reinhart das Konjunkturpaket der Bundesregierung als „gut für Baden-Württemberg“. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) appellierte an alle Beteiligten, die Herausforderungen kraftvoll anzunehmen, denn Selbstmord aus Angst vor dem Tod sei auch keine gute Lösung. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in eine wirtschaftliche Abwärtsspirale kommen.“

Hoffmeister-Kraut: Wirtschaft braucht Strohfeuer

Zum Auftakt ihrer Rede nahm Hoffmeister-Kraut allerdings erst einmal die Landesregierung gegen Vorwürfe der Opposition in Schutz der mageren Anwesenheit wegen: Ministerpräsident beim Treffen im Kanzleramt und Strobl bei der Innenministerkonferenz müssten dort "persönlich anwesend sein, und deshalb ist ihre Abwesenheit in keiner Weise eine Missachtung des Parlaments“. In der Sache nannte auch die Wirtschaftsministerin das Konjunkturpaket für Deutschland und Baden-Württemberg wichtig und richtig. Und sie sprach von einem „Strohfeuer“, das die heimische Wirtschaft brauche. Erst auf Nachfrage lobte sie unter anderem „die nachhaltigen Akzente für das Innovationsgeschehen“, allerdings seien auch die kurzfristigen Akzente wichtig.´

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Reinhart lobt in der von seiner Fraktion beantragten Debatte die erhofften Auswirkungen des Konjunkturpakets, gerade auch für das Autoland Baden-Württemberg. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke verwies allerdings auf die Uneinigkeit in der Landesregierung und insbesondere Kretschmanns scharfe Kritik an der Ausgestaltung der Autokaufprämie. Wiederholt hatte der gerügt, dass modernste Diesel- und Benziner nicht zum Zuge kommen. Er habe recht, so Rülke, denn „dass allein Subventionen für batterieelektrische Mobilität vorgesehen sind, ist in mehrfacher Hinsicht falsch“. So liege der Anteil dieser Technologie lediglich bei zwei Prozent des Automobilmarktes, von diesem schmalen Anteil würden drei Viertel an den US-Elektroautokonzern Tesla oder die Hersteller „japanischer Autole" gehen. 

FDP kritisiert Zeitplan der Landesregierung

Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken habe mit ihrer ablehnenden Haltung dagegen unter Beweis gestellt, dass sie "keine Ahnung" habe. Die Große Koalition habe gezeigt, wie ihr Arbeitsplätze in der Automobil- und Zulieferindustrie hierzulande egal seien: „Nicht ohne Grund brechen Gewerkschaften und Betriebsräte mit der SPD.“ Gerade im Land werde das Paket „massenhaft Arbeitsplätze kosten“.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch ging auf den Konflikt seiner Partei mit den Gewerkschaften nicht ein, erklärte aber, die SPD werde immer auf deren Seite stehen. Und er kritisierte den Zeitplan der Landesregierung, weil die ihr eigenes Konjunkturpaket erst nach der Sommerpause beraten werde, „und vielleicht stützt es dann das Weihnachtsgeschäft“. Das sei zu spät. Baden-Württemberg brauche ein spezielles, die Hilfen des Bundes ergänzendes Paket der Landesregierung. Die Große Koalition habe gut und schnell gehandelt, das Land gebe „zu wenig und viel zu spät“.

AfD: Land hinterlässt unüberwindliche Schuldenlast

Weder Reinhart noch Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz wollten dies Kritik stehen lassen. „Insgesamt“, so Schwarz, „nehmen wir bis zu zwei Milliarden Euro in die Hand und leisten unseren Beitrag, Arbeitsplätze zu sichern, Insolvenzen zu vermeiden und die Grundlage des Wohlstands zu erhalten“. Sein CDU-Kollege kündigte einen Nachtragshaushalt „mit Mut und Maß“ für den Herbst an.

AfD-Fraktionschef Bernd Gögel warf Europa, dem Bund und dem Land vor, Kinder und Enkelkindern eine „unüberwindliche Schuldenlast zu hinterlassen“. Diese Generationen würden die heute Handelnden aber zur Verantwortung ziehen. Zuerst sei angesichts von Corona überreagiert, inzwischen kämen Lockerungen viel zu spät: „Ihr Vorgehen ist niemals gut für Baden-Württemberg, sondern katastrophal.“ Das Konjunkturpaket beinhalte zwar die astronomische Summe von 130 Milliarden Euro, "wird aber in unserem Bundesland nicht die erhoffte Wirkung entfalten".


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