Grüne: "Land auf guten Weg zum Musterland der Bürgerbeteiligung"

15.07.2020 
Redaktion
 

STUTTGART. Baden-Württemberg ist nach Einschätzung der Grünen auf dem Weg zum Musterland der Bürgerbeteiligung. „Wir leben hier die Politik des Gehörtwerdens“, so die Konstanzer Abgeordnete Nese Erikli (Grüne) in der Debatte zum Beteiligungsportal, die „ein wirksames Gegengift ist für die weitverbreitete Ansicht, die da oben würden am Ende eh machen, was sie wollen“.

Eine Beschreibung, die die Opposition in der Landtagsdebatte zum Online-Portal nicht teilen mochte. Jonas Weber (SPD) warf dem früheren Koalitionspartner „das selbsterklärte Ziel“ zu verfehlen, weil „der Ministerpräsident und seine Regierung, die Lust an der Beteiligung verloren haben“.

Erler: Kein Bundesland so erfolgreich wie wir

Zum Stichwort Musterland räumte Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung ein, dass Baden-Württemberg vielleicht noch nicht weit genug sei. Und: "Wenn man lange regiert, hat man manchmal auch weniger Lust zu beteiligen.“ Aber deshalb sei sie da und an geeigneten Instrumenten ohnehin kein Mangel. „Kein anderes Bundesland ist so erfolgreich wie wir“, so die Staatsrätin, die das Online-Beteiligungsportal hervorhob als „kleinen wichtigen Baustein“.

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Weber argumentierte dagegen mit einem „konkreten Projekt, das in meinem Wahlkreis derzeit heftig diskutiert wird, mit einem Lieblingsprojekt des grünen Verkehrsministers“. Es gehe um die elektrischen Oberleitungen an der B 462 zum Test der E-Lkw. Auch dazu habe es einen Beteiligungsprozess gegeben und „Hochglanzbroschüren, die nur in einigen Gemeinden ankamen“. Kritische Hinweise seien jedoch ungern gesehen worden, Bürgermeister Robert Wein aus Bischweier habe ihm gesagt, er vermisse „einen offenen und ehrlichen Umgang mit unseren Bedenken“. Und im Gaggenauer Gemeinderat empöre man sich „über die Arroganz, mit der das Verkehrsministerium die Bürgerinnen und Bürger sowie politische Instanzen im Murgtal behandelt“. Er wisse auch, so der Sozialdemokrat weiter, dass ein Beteiligungsprozess es nicht allen recht machen könne, aber auf diese Weise werde weder Vertrauen noch Akzeptanz geschaffen.

FDP lobt Beteiligungsportal des Landes

Für die FDP lobte Ulrich Goll das Beteiligungsportal des Landes. Das sei „eine gute Sache, das sehen auch wir so, und das ist auch schon gebührend hervorgehoben und trefflich beschrieben worden“.  Auf einem anderen Blatt stehe, wie sich die Grünen als Anwälte der Bürger inszenierten.

Emil Sänze (AfD) kritisierte, wie Beteiligung vorgegaukelt werde: „Besser wäre es doch, wir beschäftigten uns mit modernen Wahlsystemen oder vielleicht Beteiligungssystemen zu Volksanträgen, Volksbegehren und Volksabstimmungen, um diese transparenter zu machen und zu beschleunigen, setzen Sie auf Beteiligungssysteme wiederum nur für Eliten.“ Denn nur Eliten hielten sich in diesem Beteiligungssystem auf, „und es sind immer die gleichen Menschen, die sich hier zu Wort melden“.

Dem widersprach nicht nur die Staatsrätin vehement. Gerade das Online-Portal habe weithin Beachtung gefunden, viele machten es inzwischen nach: „So banal und trivial und kleinteilig es vielleicht wirkt, ist es ein wichtiger Bestandteil, der auch in der Öffentlichkeit weithin anerkannt wird.“

Dem stellte Arnulf von Eyb (CDU) allerdings auch den persönlichen Gedankenaustausch gegenüber. Ihm scheine der persönliche Kontakt, „quasi von Gesicht zu Gesicht, am geeignetsten zu sein, um zu einer Meinungsbildung zu gelangen“. Insofern habe das Portal ein Defizit auszugleichen, und es „kann das Portal eine wichtige Aufgabe übernehmen, nämlich kostenfrei an Fachwissen zu gelangen und Menschen einzubinden in eine Aufgabe, die in erster Linie die Aufgabe der Abgeordneten ist“.


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