Kretschmann: "Wir müssen das Ruder rumreißen"

15.10.2020 
Redaktion
 
Corona-Krise

Stuttgart. 850 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden, eine 7-Tage-Inzidenz von fast 35 für das Land, sechs Stadt- und Landkreise mit einer Inzidenz von über 50, neun über 35 (Stand Donnerstag). Gesundheitsämter, die aufgrund der zunehmend diffusen Ausbreitung des Corona-Virus Hilfe von der Bundeswehr benötigen, da sie sonst die Kontaktpersonen von Infizierten nicht mehr nachverfolgen können. „Wenn die nicht mehr nachvollziehbar sind, verlieren wir die Kontrolle“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Donnerstag bei der Regierungsinformation im Landtag.

 „Wir müssen jetzt das Ruder rumreißen, sonst kommen wir in schwere Bedrängnis“, insistierte Kretschmann. Denn das Virus sei längst in allen Altersgruppen, es könne kein Argument sein, dass Krankenhäuser noch nicht an ihrer Belastungsgrenze seien. „Jede Entscheidung, die wir heute treffen oder nicht treffen, wirkt sich in einigen Tagen auf sie aus.“ Und das sei, so Kretschmann, „kein Alarmismus, sondern Realismus“. Deshalb begrüßt er die Beschlüsse, auf die sich Bund und Länder am Mittwoch geeinigt haben.

Bund und Länder einigen sich auf strengere Regeln

Demnach wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder in Hotspots die Maskenpflicht verschärfen und Feiern einschränken. Auch soll schneller auf regionale Ausbruchsgeschehen reagiert werden. Bereits bei 35 Infektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche sollen Maßnahmen ergriffen werden. Ab einer Inzidenz von 50 sollen striktere Einschränkungen gelten.

Mitarbeitern von Behörden dankte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Andreas Schwarz. Mit Blick auf Kreise und Kommunen sagte er, sie „werden wir nun als starke Partner brauchen“. Denn sie müssten Maßnahmen ergreifen.

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Stoch sprach Behörden seinen Dank aus. Unverständnis zeigte er gegenüber denjenigen, die sich nicht an Regeln halten: „Was muss denn noch passieren, dass jeder versteht, dass jetzt wieder gehandelt werden muss?“ Jeder müsse seinen Teil beitragen.

Lage ist laut Forschern ernster, als viele meinen

Laut Wolfgang Reinhart, Fraktionsvorsitzender der CDU, zeigen die Zahlen und die Regierungsinformation, dass Corona eine Geduldsprobe bleibe. Die zweite Welle „haben wir bereits“, sagte er. „Was jetzt in Frankreich und überall in Europa passiert, ist auch bei uns nicht mehr ausgeschlossen.“ Die Lage sei Forschern zufolge „ernster, als viele sie wahrnehmen“.

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Bernd Gögel zitierte dagegen Aristoteles und folgerte: „Wir wollen keine Sklaven sein.“ Jeder solle eigenverantwortlich Prioritäten setzen können.

Zustimmung und Bedenken äußerte der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Was das Beherbergungsverbot angeht, hatte seine Fraktion einen Dringlichkeitsantrag gestellt. Sie ließ ihn aber fallen, da während der Sitzung bekannt wurde, dass der Verwaltungsgerichtshof das Verbot wegen Unverhältnismäßigkeit gekippt hatte. Die FDP kritisierte weiter, dass nur die Zahl der positiv Getesteten betrachtet werde. Das greife aber zu kurz.

 


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