Landtag: Alle wollen Kinder stärken, aber mit unterschiedlichen Konzepten

02.12.2020 
Redaktion
 

STUTTGART. Mit der Bemerkung, dass Kinder und Jugendliche der Augapfel der Demokratie seien, setzte Sozialminister Manfred Lucha den Schlusspunkt unter die Aktuelle Debatte zum Thema „Starke Kinder“ und den dafür nötigen staatlichen Maßnahmen. Deutliche Unterschiede in den Schwerpunkten zeigten sich bei den Regierungsfraktionen von Grünen und CDU. Als ungenügend kritisierten SPD und FDP die Maßnahmen, während die AfD vor einem totalitären Erziehungssystem warnte.

Thomas Poreski von den Grünen forderte, junge Menschen zwischen 14 und 30 Jahren verstärkt in den Blick zu nehmen. Für problematisch hält er, dass diese Altersgruppe die High-Speed-Phase ihres Lebens nicht ausleben könne. „Wir brauchen eine Debatte darüber, was man ihnen anbieten kann“, betonte der Grünen-Politiker.

Grüne wollen Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen

Als wichtig erachtet er eine Kindergrundsicherung genauso wie die Festschreibung von Kinderrechten im Grundgesetz. Nach Poreskis Ansicht ist es höchste Zeit, dass sich der Staat stärker verpflichtet für die Rechte und den Schutz von Kindern einzutreten. „Wir haben noch viel vor uns“, betonte Poreski im Blick auf die UN-Kinderrechtskonvention. Das Wahlalter soll auf 16 Jahre gesenkt werden. Aus dem Ende 2017 verabschiedeten Kinderschutzkonzept von Land und Kommunen seien gute freiwillige Angebote entstanden. „Aber von Standards sind wir noch weit entfernt“, klagte der Grüne.

Für die CDU sind die Familien die kleinsten und wichtigsten Einheiten der Gesellschaft. „Kinder werden stark fürs Leben, wenn sie in ihren Familien Stärkung und Rückhalt erfahren“, sagte Klaus Burger. Eine gute Ausbildung bezeichnete er als bestes Fundament für die Zukunft. „nichts schützt besser vor Armut als ein qualifizierter Beruf“, betonte der CDU-Politiker. Gleiche Chancen für alle zu bieten, sei ein Ausdruck staatlicher Allmacht und als sozialistischer Ansatz abzulehnen. Dagegen ist Burger der Ansicht, dass jedes Kind das Anrecht auf bestmögliche Förderung habe.

CDU will Landeserziehungsgeld einführen

Burger verwahrte sich gegen den Vorwurf, dass die CDU ein überkommenes Familienbild habe. Er forderte, die Leistungen für Familien besser zu verzahnen, um deren Wirkungsgrad zu steigern. „Wir wollen das Landeserziehungsgeld wieder einführen“, kündigte Burger an. Dies hätten die Grünen 2016 abgelehnt, klagte er. Außerdem macht er sich für ein Familiengeld stark.

Sabine Wölfle (SPD) wies auf die zwei Säulen sozialdemokratischer Politik hin. Zum einen sei dies die Kindergrundsicherung, zum anderen die Sicherung von Bildung und Teilhabe für alle. Den Regierungsfraktionen warf sie vor, bei der Verbesserung der Chancen für armutsgefährdete Kinder nur bestehende Programme aufgelistet zu haben, die zum Teil von Luchas Vorgängerin, der SPD-Politikerin Katrin Altpeter, eingeführt worden seien.

SPD für gebührenfreie Kitas

„Den versprochenen Aufschlag können wir nicht erkennen“, kritisierte Wölfle. Und im Blick auf die von den Grünen geforderte Kindergrundsicherung fragte sie kritisch nach, ob die CDU dies mittrage. Fraktionskollege Daniel Born kritisierte, dass der Landesanteil an der Schulsozialarbeit trotz gegenteiliger Beteuerung des Ministers zurückgegangen sei. Die Kommunen würden den entscheidenden Anteil tragen. Von der Finanzierung eines Drittels durch das Land sei man weit entfernt, kritisierte Born. Vehement setzte er sich erneut für die SPD-Forderung nach einer gebührenfreien Kita ein. „gebührenfreie Kitas werden wir durchsetzen“, zeigte er sich siegessicher. Im Blick auf die Ganztagesbetreuung, warf er Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) vor, Bundesprogramme gezielt zu blockieren.

Sozialpolitische Chancen sieht Jürgen Keck (FDP) in der Weiterentwicklung des Kindergelds zu einem Kinderchancengeld ein. Seiner Ansicht nach „muss Kinderarmut endlich durch effektive Reformen bekämpft werden“. Die Liberalen wollen alle kindesbezogenen Leistungen bündeln und vernetzen und fordern eine zentrale Beratung und Auszahlung.

AfD lehnt Kinderrechte im Grundgesetz ab

Für die AfD ist klar, dass sich starke Kinder nicht in staatlichen Erziehungsanstalten entwickeln, sondern nur in Familien. Die Stigmatisierung der Familien müsse aufhören, forderte Carola Wolle. Sie befürchtet, dass die Kindererziehung immer mehr in die Hände des Staates übergeht. Deshalb seien Kinderrechte im Grundgesetz abzulehnen. Die AfD befürchtet, dass Elternrechte immer mehr ausgehebelt werden. „Das ist der Weg in ein totalitäres System“, so Wolle.

Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) rief dazu auf, alles dafür zu tun, die prekäre Lage von Kindern zu überwinden. Er gab zu bedenken, dass in Baden-Württemberg jedes fünfte Kind temporär in eine armutsgefährdete Situation gerät oder geraten kann. Als großen politischen Erfolg bewertete er, dass die Arbeits- und Sozialministerkonferenz mit 15 zu eins Stimmen für eine Kindergrundsicherung votierten. Außerdem wies er darauf hin, dass im Land 50 Projekte gegen Kinderarmut initiiert worden seien, wofür zwei Millionen Euro bereit stünden. „Das Geld gab es vorher nicht“, so der Minister. In der Coronapandemie seien nochmals 150.000 Euro Soforthilfe für Kinder und Jugendliche bereitgestellt worden. „Wir wollen kein Kind verlieren“, sagte Lucha


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Titelbild Staatsanzeiger