Stuttgart. Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) hält eine Abschaltung von Atomkraftwerken in Baden-Württemberg bereits vor der Landtagswahl am 27. März für möglich. „Wenn die Sicherheit nicht gewährleistet ist, wird es auch eine Abschaltung geben“, sagte Gönner am Montag im Deutschlandfunk. Ab diesem Montag prüften Inspekteure die Anlagen in Baden-Württemberg. Eine unabhängige Expertenkommission prüfe zudem, „wo kann man das, was in Japan passiert ist, dann auch auf Baden-Württemberg anwenden“. Die Politik sei nun offen und bereit, über die Einschätzung der Experten zu diskutieren.
Auch vor der Landtagswahl werde gegebenenfalls abgeschaltet, „wenn wir das bis dahin alles vollumfänglich sehen“. Gönner setzte hinzu: „Man muss da auch wissen, dass hier eine Vielzahl von Fragen abgeklärt werden muss.“ Sie betonte: „Aber wenn das Ergebnis so ist, wird auch abgeschaltet.“ Bislang hatte die Umweltministerin stets auf die Sicherheit der vier Mailer hingewiesen, die auch von der Internationalen Atomaufsichtsbehörde geprüft worden waren. Das AKW Neckarwestheim I ist 1976 ans Netz gegangen, Neckarwestheim II 1989. Philippsburg I ging 1979 ans Netz, Philippsburg II 1984.
Ein sofortiges Abschalten der sieben ältesten deutschen Atomkraftwerke, zu denen auch Neckarwestheim I gehört, würde nach Ansicht des Sachverständigenrats für Umweltfragen auch die Grundversorgung der Bundesrepublik nicht gefährden. Es müsste in diesem Fall auch nicht auf importierten Atomstrom zurückgegriffen werden. Das erklärte der Generalsekretär des Sachverständigenrates für Umweltfragen bei der Bundesregierung, Christian Hey, am Montag auf Anfrage.
Der Sachverständigenrat hatte Ende Januar ein Gutachten „Wege zur 100 Prozent erneuerbaren Stromversorgung“ veröffentlicht, in dem der Frage nachgegangen wird, ob die zeitweise Beibehaltung konventioneller Technologien die Entwicklung der Erneuerbaren behindert. Darin wurde die Frage nach den alten Reaktoren wie Neckarwestheim oder Brunsbüttel gar nicht gestellt. Allerdings kam das Gutachten zu dem Schluss, dass eine Laufzeitverlängerung eher kontraproduktiv für das erklärte Ziel sei.
Der „Aktionismus“ der Landesregierung zur Atompolitik im Land macht die Grünen nach eigenen Angaben „extrem misstrauisch”. Umweltministerin Gönner und Ministerpräsident Stefan Mappus (beide CDU) hätten sich ihrerzeit „richtig ins Zeug gelegt“ für die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Wenn das Umweltministerium jetzt plötzlich mit Experten die Sicherheit der Meiler im Land überprüfe, stimme das sehr skeptisch, sagte Theresia Bauer, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen.
Die Ereignisse in Japan, wo nach Erdbeben und Tsunami mehreren Atomkraftwerken der GAU droht, hätten alle Reden vom „Restrisiko“ als zynisch überführt, betonte Bauer. Wenn etwas Unvorhersehbares eintrete - und das könne in Baden-Württemberg etwas anderes sein als in Japan - sei die Technologie nicht beherrschbar. Sie bekräftigte die Forderung der Grünen, die Atomkraftwerke in Neckarwestheim und Philippsburg sofort abzuschalten.
Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) will die Sicherheit ihrer Atomanlagen überprüfen. „Nach Japan müssen wir in Deutschland nach den Konsequenzen fragen“, sagte EnBW-Chef Hans-Peter Villis der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Sein Unternehmen werde die Ereignisse in Japan genau unter die Lupe nehmen. „Wir müssen die technischen Vorgänge in den japanischen Kernkraftwerken auf Basis gesicherter Erkenntnisse analysieren und uns dann fragen, welche Konsequenzen wir aus diesen Geschehnissen für unsere Kernkraftwerke ziehen.“
Die Bundesregierung will die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke vorübergehend aussetzen. Angesichts der Reaktorkatastrophe in Japan werde es ein drei Monate dauerndes Moratorium geben, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Berlin. Ziel sei, die Sicherheit der Atomkraftwerke zu prüfen. Die deutschen Reaktoren seien nach menschlichem Ermessen sicher, hatte die CDU-Chefin noch am Sonntagabend in der ARD gesagt.
Studierende der Hochschulen für öffentliche Verwaltung Kehl und Ludwigsburg berichten über ihr Praktikum im Rahmen des Praxisjahrs im Vertiefungsschwerpunkt Kommunalpolitik/ Führung im öffentlichen Sektor beim Staatsanzeiger.
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