Rückblick 15.Vergabetag Baden-Württemberg

10.02.2017
Redaktion

„Die Unterschwellenvergabeordnung soll in Baden-Württemberg eins zu eins eingeführt werden“, kündigte Michael Kleiner, Ministerialdirigent im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg an. Schließlich beruht das Werk mit dem Kürzel UVgO mit auf einer Initiative des Landes, erinnerte er. Mit Blick auf freiberufliche Leistungen biete sie aber weiterhin sehr flexible Möglichkeiten, beruhigte Kleiner die Planer und Auftraggeber auf dem Vergabetag.

Vorteile der EU-Vergabe auch auf den Unterschwellenbereich übertragen

Die Begründung für die neue UVgO lieferte Daniel Fülling, der im Bundeswirtschaftsministerium deren Entstehungsprozess begleitet. „Mit der Reform oberhalb der Schwellenwerte hat man mehr Flexibilität und Spielräume eingeführt. Es war daher nur logisch, das auch unterhalb der Schwellen zu machen.“ Zumal Vergaben unterhalb der Schwellen Fülling zufolge zahlenmäßig rund 90 Prozent der Vergaben ausmachen.

Am Dienstag hat das Bundeswirtschaftsministerium nun die neue UVgO im Bundesanzeiger veröffentlicht. „Die Regelungen treten aber nicht unmittelbar in Kraft“, betonte Fülling. Dafür müssen die Länder erst Verwaltungsvorschriften erlassen. Ob und wie Kommunen daran gebunden seien, entscheide also jedes Land für sich.

Eine der Neuerungen der UVgO: Die öffentliche Hand kann Aufträge bis zu 1000 Euro direkt vergeben (bisher 500 Euro). Über diesem Wert sollen sie grundsätzlich im Wettbewerb vergeben werden. Bei den Verfahrensarten ist die öffentliche genauso wie beschränkte Ausschreibungen mit Teilnahmewettbewerb zulässig. Die bisherige freihändige Vergabe wird durch das neue Verhandlungsverfahren ersetzt. Letzteres begründete Fülling damit, dass eine freihändige Vergabe oft dazu geführt habe, dass sie frei von Kriterien durchgeführt wurde. „Aber das galt nie! Das wesentliche Kriterium einer Verhandlungsvergabe ist, dass verhandelt wird.“

Fülling betonte die weiterhin „große Flexibilität bei der Vergabe freiberuflicher Dienstleistungen“. Es sei soviel Wettbewerb zu schaffen, wie dies der Natur des Geschäfts oder den Umständen nach möglich ist. „Das ist nichts Neues und galt bisher schon“, sagte er. Es war bisher aber in den Verwaltungsvorschriften versteckt und wurde nun klargestellt. Eric Zimmermann, Jurist bei der Architektenkammer Baden-Württemberg, sieht bei der UVgO Sonderreglungen für Freiberufler. „Wenn es der Natur des Geschäfts entspricht oder besondere Umstände vorliegen, kann dies gegen einen Wettbewerb sprechen“, interpretierte er Paragraf 50. „Es kann davon ausgegangen werden, dass bei freiberuflichen Leitungen solche besonderen Umstände in der Regel vorliegen.“ Damit können sie grundsätzlich freihändig vergeben werden. Das sei ihrem speziellen Charakter geschuldet. „Man will keinen Preis-, sondern einen Leistungswettbewerb.“ Der Verordnungsgeber unterstütze damit Planungswettbewerbe. Diese Freiheiten sollten auch weiterhin genutzt werden, sagte Zimmermann.

Anne Sick, die das Hochbauamt der Stadt Karlsruhe leitet, geht davon aus, dass sich für kommunale Auftraggeber mit der UVgO in Bezug auf HOAI-Verträge „erst einmal nichts ändert“. Im Falle einer Verhandlungsvergabe darf künftig mitunter auch nur ein Unternehmen zur Abgabe eines Angebots oder zur Teilnahme an Verhandlungen aufgefordert werden. Sie rechne damit, dass mehr Arbeit auf die öffentlichen Bauherren zukommen werde. So seien die einzelnen Stufen des Verfahrens zu dokumentieren.

„Die Umstellung auf die eVergabe ist unvermeidlich“, sagte Beatrice Fabry, Vergaberechtsexpertin von Menold Bezler mit Blick auf Vergaben oberhalb der Schwellenwerte. Spätestens bis zum 18. Oktober 2018 sind die Verfahren vollständig elektronisch abzuwickeln. Das umfasse auch die Einreichung der Angebote, sagte Fabry.

eVergabe: Öffentliche Auftraggeber müssen Kompetenzen aufbauen

Nicht erfasst sei die Auswertung der Angebote, diese müsse nicht zwingend elektronisch erfolgen. Die Ausnahmen von der verpflichtenden elektronischen Kommunikation sind Fabry zufolge eng geregelt. Dies könne bei besonders schutzwürdigen, sensiblen Daten der Fall sein oder wenn die Angebotseinreichung spezielle technische Voraussetzungen erfordern würde. Öffentliche Auftraggeber müssten nun Kompetenzen aufbauen und die erforderlichen IT-Strukturen schaffen, so Fabry.

Auch im Bereich der nationalen Vergaben müsse man sich nach Meinung der Juristin auf die eVergabe einrichten. Im Baubereich (VOB/A) müssten zwar schriftlich eingereichte Angebote bis Oktober 2018 zugelassen werden. Danach bestimme aber der Auftraggeber die Form der einzureichenden Angebote und kann wählen, ob er ausschließlich elektronisch eingereichte Angebote zulasse. Der UVgO zufolge dürfen Unternehmen ab dem Jahr 2020 ihre Teilnahmeanträge und Angebote ausschließlich elektronisch übermitteln.

„Freiberufliche Leistungen können freihändig vergeben werden. Denn man will keinen Preis-, sondern einen Leistungswettbewerb.“ Eric Zimmermann, Architektenkammer

Die Unterschwellenvergabeordnung finden Sie hier.

Die Teilnahmeunterlagen zum Vergabetag finden Sie hier.

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