Stuttgart. Turnusmäßig wird der neue parlamentarische Unterschungsausschuss zum Engagement der Landesregierung rund um das Baden-Württemberg-Haus auf der Weltausstellung Dubai 2020 von einem Parlamentarier der Grünen, Jürgen Filius, geleitet. Beantragt wurde die Einsetzung des Gremiums ursprünglich von SPD und FDP, mit den Regierungsfraktionen Grünen und CDU wurde dann aber ein Kompromiss gefunden, so dass schlussendlich das gesamte Haus zustimmte.
Den Grünen fällt der Vorsitz zu, weil das Vorschlagsrecht im Zusammenhang mit dem zweiten NSU-Ausschuss, geleitet von Wolfgang Drexler (SPD), einmal mit den Sozialdemokraten getauscht wurde. Rainer Stickelberger (SPD) wird stellvertretender Vorsitzender. Trotz des einstimmigen Beschlusses zur Einsetzung des Ausschusses wurden in der Landtagsdebatte erhebliche Unterschiede deutlich.
Sozialdemokraten und Liberalen warfen vor allem Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) vor, die Fragen zur Kostenexplosion und dazu, warum das Land inzwischen ganz allein haftet, nicht ausreichend beantwortet zu haben. Andrea Lindlohr (Grüne) stellte sich dagegen vor die CDU-Ministerin und wies „gegenteilige Berichte“ von SPD und FDP zurück. Auch sei Akteneinsicht gewährt worden. „Alle Fragen, die gestellt wurden, sind auch von der Wirtschaftsministerin beantwortet“, erklärte Lindlohr weiter. Zugleich sprach die Esslinger Abgeordnete allerdings selbst von zu klärenden Fragen und bedauerte, wie das Land durch die Unterschrift einer Privatperson jetzt in der Haftung gegenüber Dritten stehe.
Gewählt worden war vom Wirtschaftsministerium die Konstruktion eines Generalbevollmächtigten dagegen gerade im Glauben, damit nicht in Haftung zu stehen. Marion Gentges (CDU) griff Sozialdemokraten und Liberale sogar offen wegen einer "politischen Showveranstaltung" an: „Meine Naivität reicht nicht aus, an Zufall zu glauben, wenn es zu einem Ausschuss fünf Monate vor der Landtagswahl kommt.“ Auch ihm falle schwer, zu glauben, dass ein Untersuchungsausschuss zu diesem Zeitpunkt allein dem Interesse der Steuerzahler diene, sagte Rainer Podeswa für die AfD. Zudem wolle er eine Prognose wagen: „Es wird uns nicht überraschen, wenn wir hören werden, dass sich die Wirtschaftsministerin einer neuen Herausforderung außerhalb der Landesregierung zugewandt hat.“
Weitere Debatten vom 14. Und 15. Oktober 2020
Nach der Begründung des Antrags soll der Ausschuss untersuchen, wie aus einem Projekt „Von der Wirtschaft für die Wirtschaft“, getragen durch private Sponsoren, dem Land Kosten von 15 Millionen Euro entstehen konnten. „Für das Land war lediglich eine protokollarische Begleitung vorgesehen“, heißt es weiter, „nur eine landesspezifische Ausstellung sollte durch Steuermittel in Höhe von 2,8 Millionen Euro finanziert werden.“ Am 22. September 2020 habe die Landesregierung in einem Kabinettsbeschluss die Teilnahme des Landes Baden-Württemberg an der Expo unter neuen Rahmenbedingungen auch bestätigt. „Die Wahlperiode neigt sich dem Ende zu“, so SPD-Fraktionschef Andreas Stoch, „das spricht aber nicht gegen die Einsetzung.“ Im Gegenteil: „Ein Parlament, das bei einer Verfünffachung der Kosten still bleibt, würde seinen Aufgaben nicht gerecht werden.“
Für die FDP erklärte Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, der Steuerzahler habe ein berechtigtes Interesse zu erfahren, wie mit seinem Geld umgegangen werde. Besonders scharf kritisiert wurde der Hinweis von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) – nach einer entsprechenden Journalistenfrage - auf der Regierungspressekonferenz in der Vorwoche, dass ein Untersuchungsausschuss nur abgeschlossenen Regierungshandeln durchleuchten könne. Rülke schloss daraus auf „blanke Angst“. Damit habe der Ministerpräsident zu erkennen gegeben, dass er "etwas zu verbergen" habe.
Der FDP-Fraktionschef sprach von Feuer und „einem gewaltigen Rauch, der zum Himmel steigt“, Stoch von „schweren Geschützen“, die mit dem Verweis auf abgeschlossenes Regierungshandeln aufgefahren worden seien. Auch er vermutete, dass es etwas zu verbergen gebe: „Die Landesregierung ist dafür verantwortlich, dass der Baden-Württemberg-Pavillon völlig ungeplant zu einem reinen Landesprojekt wurde und aus einem Landesbeitrag von 2,8 Millionen Euro mehr als 15 Millionen wurden, die Kosten also mehr als verfünffacht wurden.“
Gentges dagegen nannte Kretschmanns Äußerung durchaus zulässig. Denn die Sponsorensuche für die Teilnahme an der auf 2021 verschobenen Expo sei noch gar nicht abgeschlossen und der Pavillon noch nicht gebaut. Der Untersuchungsausschuss steht unter extremem Zeitdruck: Seine Bewertungen der Vorgänge muss er schon in wenigen Wochen vorlegen, weil die letzten Plenarsitzungen vor der Landtagswahl am 14. März bereits Anfang Februar stattfinden werden. Nach dem Untersuchungsausschussgesetz endet die Arbeit immer mit dem Ende einer Legislaturperiode.