Digitalisierung: Landtags-FDP drängt auf mehr Engagement des Staates

15.10.2020 
Redaktion
 

STUTTGART. Das Verhältnis zwischen Staat und freiem Markt rückte in den Mittelpunkt der von der CDU beantragten Debatte zur „Digitalisierung als Chance für Mittelstand und Start-ups“. Vor allem die FDP drängte auf mehr Engagement des Staates.

Er sei schon sehr überrascht, so der Esslinger Abgeordnete Andreas Deuschle, dass ausgerechnet die FDP solche Positionen einnehme, die sich doch „über Jahrzehnte für weniger Staat und mehr Wettbewerb“ eingesetzt habe. Zudem verwies er auf die sogenannte Aufgreifschwelle, die als rechtliche Voraussetzung staatliches Aktivwerden nur dann erlaube, wenn die Versorgung auf andere Weise nicht gewährleistet sei.

Für die Grünen erläuterte Andrea Lindlohr ebenfalls die „schwierige Rechtslage, in der wir erst das Marktversagen darlegen müssen, um tätig zu werden, deshalb wäre eine Neureglung wichtig“. Das sei im Landtag mangels Zuständigkeit aber nicht möglich. Grundsätzlich müsse allen klar sein, dass „Digitalisierung kein Trend oder eine Option ist, die man auslassen kann oder wählen“. Deshalb bringe die Landesregierung Digitalisierung in die Breite.

SPD: Baden-Württemberg ist Schlusslicht in Sachen Digitalisierung

Allerdings keineswegs in „ausreichenden Maße“, widersprach Boris Weirauch (SPD). Der Mannheimer Abgeordnete kritisierte, dass Baden-Württemberg hier "Schlusslicht" sei. Das Land brauche eine deutliche bessere Glasfaserversorgung: „Gerade in der Corona-Krise wurden selbst schlichte Videokonferenzen zu einem Wagnis.“ Wer genau hinschaue, sehe, dass einiges im Argen liegt, "und da helfen die Hochglanzbilder und die Übergabe von Förderbescheiden - ich weiß, das macht der Innenminister gerne - wenig“.  Digitalisierung bestehe aber nicht nur in der Verlegung von Leerrohren.

Carola Wolle (AfD) beklagte, dass Deutschland „Jahr für Jahr in der Digitalisierung abrutscht“ und „Unsummen in die Rettung der Welt investiert werden“ statt in die notwendig technische Ausstattung. Als Beispiele nannte die Neckarsulmer Abgeordnete „sinnlose ideologiegetriebene Projekte“ in der Verkehrs- oder der Klimapolitik und zur „Alimentierung einer ständig wachsenden Migrantenschar“. Wer aber das Fahrrad derart fördere, der halte auch „Bleistift und Radiergummi für die richtieg Ausstattung der Zukunft“.

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„Der Breitbandmarkt ist ein privatwirtschaftlicher Markt“, so auch Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), „der Staat darf nur dort reingehen, wo der Markt versagt.“. Das leiste das Land mit einer Milliarde Euro. Ab dem heutigen Tag könnten Anträge für die Digitalisierungsprämie Plus des Landes gestellt werden. „Um eine spürbare konjunkturelle Wirkung zu erzielen, fördern wir Projekte bei Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern“, erläuterte Hoffmeister-Kraut. Förderfähig sind Digitalisierungsprojekte wie die Einführung additiver Fertigungsverfahren wie der 3D-Druck, die Integration von CRM- und ERP-Lösungen oder die Implementierung von IT-Sicherheitskonzepten, Big Data-Anwendungen und KI-Systemen.

FDP: Nachholbedarf bei den Schulen

Erik Schweickert (FDP) kritisierte, dass die Prämie schon 2017 im Modellversuch erprobt war, aber erst drei Jahre ausgeschrieben wird. Auch das zwischenzeitlich angemeldete Volumen von 200 Millionen Euro sei wieder geschrumpft und inzwischen sind es nur noch 50 Millionen Euro. Ein Indikator für den Stand sein der Stand in Schulen. In einer Antwort der Bundesregierung gehe hervor, dass nur 5,2 Prozent der 5300 Schulen in Baden-Württemberg einen Anschluss mit über 1000 Megabit pro Sekunde haben, nur in Sachsen-Anhalt sei diese Quote noch geringer: „Digitalisierung fängt in den Köpfen an und wir brauchen mehr Investitionen dafür.“  

Grundsätzlich müssen nach Ansicht der Ministerin die Chancen der Digitalisierung in den Mittelpunkt gestellt werden. Baden-Württemberg sei breit und zukunftsträchtig aufgestellt, die Aufgabe der Landesregierung bestehe darin, gerade kleineren und mittleren Unternehmen sowie dem Handwerk Impulse zu geben und sie zu fördern. Sie müssten „Zugang zu Wissen bekommen, um dieses Wissen in ihre Geschäftsmodelle und Prozesse einbringen zu können“, sie müssten „investieren und innovieren“. Das Land „geht rein in die Wirtschaft, die Wissenschaft und die Verwaltung“. Wirklich spannend sei die Entwicklung in der Gesundheitswirtschaft, denn da gehe es auch um Bereitstellung von Daten, um digitale Geschäftsmodelle umzusetzen. Ihr Mann sie "ein digital native" und reiße sie mit, berichtete die Wirtschaftsministerin aus ihrem Familienalltag.


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