Landtag debattiert über Verhüllungsverbot an Schulen

13.11.2020 
Redaktion
 

STUTTGART. Unter dem Stichwort Verhüllungsverbot hat Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) einen Gesetzentwurf zur Änderung des Schulgesetzes in den Landtag eingebracht, der „zugegebenermaßen jetzt, da wir uns alle selbst ein Stück weit verhüllen, einen besonderen Charme hat“. Sie bitte aber „dringend darum, beides voneinander zu unterscheiden, weil das eine mit dem anderen nichts zu tun hat“.

Vielmehr gehe es in der parteiübergreifenden Verständigung darum, „dass wir davon leben, einander anschauen zu können, dass man auch über Mimik miteinander kommuniziert, dass gerade Pädagogikunterricht den direkten Kontakt und das direkte Aufeinandereingehen braucht“. Vor diesem Hintergrund sei das Verhüllungsverbot in den Schulen zu verstehen.

Alle Debatten vom 11. Und 12. November 2020

Vor allem machte Eisenmann deutlich, dass es sich ausschließlich um ein vorsorgliches Vorgehen handelt. Denn: „Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen, dass wir bei diesem Thema kein Problem haben.“ Trotz regelmäßiger Abfrage gebe es aus Schulen „keine wirkliche Problemanzeige“. Vielmehr müsse das Schulgesetz geändert werden nach einer Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom Januar. Andrea Bogner-Unden (Grüne) erklärte, die GEW und der DGB sowie der Landeselternbeirat sähen „auf Grund mangelnder Vorkommnisse keinen Regelungsbedarf". Trotzdem stehe die grüne Fraktion hinter dem Gesetzentwurf, weil er vorbeugend Rechtssicherheit schaffe. Das Tragen eines Kopftuchs, "das das Gesicht von der unteren Kinnkante bis zur Stirn unverhüllt lässt", sei von dem Verbot nicht umfasst. Dieses religiös konnotierte Kleidungsstück verhindere eine offene Kommunikation im Schulkontext nicht.

Er erlaube sich „einen persönlichen Einstieg“, so Stefan Fulst-Blei (SPD): „Ich als Berufsschullehrer kann mir nicht vorstellen, im Unterricht vor Schülerinnen und Schülern zu stehen, deren Gesichter komplett verhüllt sind.“ Auch der Gesichtsausdruck sei ein Medium der Rückmeldung und  Grundlage von pädagogischen Reaktionen. Rein inhaltlich folge seine Fraktion dem Anliegen. Es sei aber glaubwürdiger gewesen, "wenn es auch einen Vorstoß zur Stärkung der Mädchen- und Frauenarbeit gegeben hätte“. 

CDU: Gesetzentwurf treffe Vorosrge, damit Lehrer rechtssicher agieren können

„Unser Gesetzentwurf forderte ausdrücklich nicht ein generelles Vollverschleierungsverbot“, erklärte Timm Kern für die FDP-Fraktion. Die Gründungsmütter und -väter der Republik hätten die Hürden zur Beschränkung der Freiheit zu Recht sehr hoch angesetzt. Hier sei die grundgesetzlich verankerte Religionsfreiheit berührt: „Die Vollverschleierung darf nur dann verboten werden, wenn dies jeweils notwendig ist.“ Das sei in Schule und Unterricht der Fall, denn Schule und Unterricht beruhten auf offener Kommunikation, die wiederum sei sowohl auf Sprache als auch auf nonverbale Wege der Verständigung wie Mimik oder Blickkontakt angewiesen. „Eine Vollverschleierung des Gesichts verhindert diese Verständigung und schränkt die offene Kommunikation damit in erheblichem Maß ein“, so Kern.

Für die CDU-Fraktion erklärte Andreas Becker, der Gesetzentwurf treffe Vorsorge, damit Schulleitungen und Lehrkräfte rechtssicher agieren können. Im Übrigen verhindere er auch Normenkollisionen, etwa mit der Corona-Verordnung. „Die Logik des Gesetzentwurfs zeigt auch, dass wir die Religionsfreiheit ernst nehmen“, sagte Becker. Wenn Verhüllungen mit religiösen Begründungen versehen würden, sei es nur recht und billig, dass der Gesetzgeber klar sage, wie er einen möglichen Eingriff bewerte - gerade weil eine religiös begründete Verhüllung "etwas anderes ist als das Tragen einer Sonnenbrille".

Rainer Balzer (AfD) genehmigte sich „einen kulturhistorischen Blick“. Der Schleier sei ein Statussymbol. Eine Frau der Oberschicht habe ihn in den arabischen Ländern immer getragen, wenn sie das Haus verlassen habe, eine Bäuerin, eine arme Frau, dagegen nicht: „Der Schleier ist auch ein Symbol einer vermeintlichen moralischen Überlegenheit gegenüber den Personen, den Frauen, die keinen Schleier tragen.“ Heute sei ein Verbot der Gesichtsverschleierung „im öffentlichen Raum und natürlich auch ein Verbot des sogenannten Kopftuchs für Repräsentantinnen, es betrifft ja nur die Damen, unseres Staates“, dringend geboten.


Ihre Ansprechpartner

Sie haben Fragen oder Anregungen?
Hier finden Sie Ihren Ansprechpartner.

Kontakt

Titelbild Staatsanzeiger