STUTTGART. Abgeordnete von Grünen, CDU, SPD und FDP machten in der aktuellen Debatte am Donnerstag deutlich, dass Rassismus kein amerikanisches Problem ist, sondern auch in Deutschland und Baden-Württemberg eine Rolle spielt.
Zwar könne man die Verhältnisse in den USA nicht auf Deutschland übertragen, sagte Daniel Lede Abal (Grüne), „jedoch wäre es zu einfach zu sagen: Das alles hat mit uns nichts zu tun“. So berichtet etwa die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, dass die Zahl der Beratungsanfragen zu Diskriminierungen wegen ethnischer Herkunft oder aus rassistischen Motiven in einem Jahr um knapp zehn Prozent gestiegen ist.
Laut Lede Abal betreffe Alltagsrassismus in Deutschland, nicht nur Ausländer, sondern auch Deutsche. Die Hautfarbe spiele dabei die entscheidende Rolle und manchmal auch der Name. Um die Betroffenen besser zu verstehen, müsse jeder einzelne seine eigenen Denkmuster hinterfragen lernen und lernen, zuzuhören. Unter anderem regte er an, das allgemeine Gleichberechtigungsgesetz auch für den öffentlichen Bereich, etwa in der Verwaltung und auch bei Sicherheitsbehörden einzuführen.
Mehr aus dem Landtag vom 24. und 25. Juni 2020
Rassismus sei immer stärker gegenwärtig, sagte Isabell Huber (CDU). Sie warnt davor, Rassismus zu befeuern und nennt dabei die Grüne Jugend Baden-Württemberg als Beispiel, die geäußert habe, dass die Polizei Rassismus- und Rechtsextremismusproblem habe. Doch dies sei falsch, struktureller Rassismus liege weder bei der Polizei noch in unserer Gesellschaft vor, betont Huber. Sie machte auch die AfD mitverantwortlich, da sie Hass und Hetze säe. Die Debatte um die Änderung des Grundgesetzes, wonach das Wort „Rasse“gestichen werden soll, bezeichnete sie als „Scheindebatte“. Es sei purer Aktionismus und bringe einen bei der Thematik und der Lösung des Problems nicht weiter.
Das sieht Sascha Binder (SPD) anders. „Rassen“ gebe es nur bei Tieren und nicht bei Menschen und nach über 70 Jahren sei es notwendig, über eine Streichung des Begriffs im Grundgesetz zu sprechen. Niemand sei als Rassist geboren, daher sei es Aufgabe des Staates und der Gesellschaft Rassismus einzudämmen. Binder lobte zudem das Gesetz gegen Hass und Hetze im Netz, da Diskriminierung auch in den sozialen Medien eine Rolle spielt.
Auch Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) sieht in den sozialen Medien Verrohungstendenzen. Hier müsse man aktiver werden und mehr Farbe bekennen. Allgemein gehe der Respekt voreinander und vor der Verfassung immer mehr verloren, stellt er fest. Der Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung sei nicht nur Aufgabe der Politik, sondern auch der Gesellschaft und jedes einzelnen. Man setze auf Prävention, etwa mit dem Projekt „Schule ohne Rassismus“ oder mithilfe von Antidiskriminierungsstellen.
Nico Weinmann (FDP) hält es für den richtigen Ansatz, sich auch mit der Vergangenheit auseinander zu setzen und sprach den Kolonialismus an. „Vielerorts werden Denkmäler gestürzt, wird die Frage aufgeworfen, ob hier die Erinnerung an die eigene Vergangenheit hochgehalten wird oder ob Rassisten und Mörder mit den Heldendenkmälern eine dauerhafte, moralisch fragwürdige Ehrung erfahren“, so Weinmann. Es sei aber richtig, die Geschichte aufzuarbeiten. Jeder einzelne sei beim Thema Rassismus gefragt und dürfe nicht wegschauen.
Emil Sänze von der AfD-Fraktion kritisierte den Begriff „Event- und Partyszene“, der im Zusammenhang mit den Krawallen in Stuttgart fiel . Zudem machte er den Staat für die Ausschreitungen wegen „abenteuerlichen ideologischen Experimenten an einer friedlichen Gesellschaft“ mitverantwortlich. Auch seien die Krawalle seiner Ansicht nach ein Vorgeschmack auf künftige Unruhen.
<hr />