STUTTGART. Das Gesetz zur Weiterentwicklung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg hat Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) bei der ersten Lesung als vorbildlich auch für andere Bundesländer bezeichnet.
„Die Landesregierung geht mit der Gesetzesnovelle mutig voran“, sagte der Grünen-Politiker und wehrte sich gegen Vorwürfe, dass die Maßnahmen zu kurz greifen würden. Die Vorgabe einer CO2-Reduktion von 42 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 sei abgeleitet von dem vom Bund ausgegebenen Ziel einer Verringerung deutschlandweit um 55 Prozent.
Ohnehin sei das nur ein Zwischenziel, so Untersteller. Wenn sich Ursula von der Leyen als Präsidentin der EU-Kommission durchsetze, das Reduktionsziel in der EU auf 55 Prozent heraufzusetzen, müsse ohnehin bald nachgesteuert werden. Für Baden-Württemberg sieht er eine gute Ausgangslage. Im vergangenen Jahr hätte der höhere CO2-Preis erstmals gegriffen und für einen Schub gesorgt. Der Ausstoß im Land habe 2019 um sechs Prozent auf fast 20 Prozent erhöht werden können.
Mit der Photovoltaikpflicht für Nicht-Wohngebäude sei Baden-Württemberg das erste Flächenland in Deutschland mit einer solchen Regelung und damit Vorbild in Deutschland. Untersteller bedauerte, dass wegen des Einspruchs der CDU die Maßnahme nicht auf Wohngebäude ausgeweitet werden konnte. Als wichtigen Schritt sieht der Minister die Verpflichtung für Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern, eine kommunale Wärmeplanung zu entwickeln. Dies sei wichtig, weil das Land im Wärmesektor bisher nicht gut vorangekommen sei.
Dies betreffe 103 Städte mit 5,5 Millionen Einwohnern, wandte er sich gegen in den Medien geäußerte Kritik, dass kleinere Kommunen nicht berücksichtigt würden. „Diese werden mit Förderungen unterstützt“, so Untersteller. Als weiteren Schritt führte er an, dass Unternehmen auf freiwilliger Basis mit dem Land Klimaschutzvereinbarungen verabschieden können. Er kündigte an, dass auf dem Ressourceneffizienzkongress des Landes die ersten Unternehmen präsentiert werden.
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Jürgen Walter von den Grünen bekräftigte, dass das Gesetz ein wichtiger Beitrag einer der ökonomisch bedeutendsten Regionen in Deutschland für den Klimaschutz sei. „Wir setzen Maßstäbe“, betonte Walter. Er zeigte sich erfreut darüber, dass einige Kommunen, darunter Ulm, Waiblingen und Ludwigsburg, bei der PV-Pflicht schon weiter gehen würden und diese auch für Wohngebäude vorschreiben würden. Enttäuscht zeigte er sich, dass der Bund im Erneuerbare Energien-Gesetz Technologien wie Agro-PV oder schwimmende PV-Anlagen nicht berücksichtige. „Es kann kein Tempolimit beim Klimaschutz geben. Wir müssen Gas geben“, betonte Walter.
Das Landesklimaschutzgesetz hält Paul Nemeth von der CDU sowohl symbolisch als auch wegen seiner harten Fakten für wichtig. Er lobte das Gesetz als progressivstes in Deutschland. „Die Solarpflicht für Gewerbegebäude führen wir als erste in Europa ein“, betonte er. Als weitere wichtige Maßnahmen nannte Nemeth das Förderprogramm nachhaltiges Bauen oder die Einrichtung einer Klimaschutzstiftung für das Land.
Gernot Gruber von der SPD betonte, dass großer Konsens bestehe mit den Regierungsfraktionen über den Ernst der Lage. Er bezeichnete die Maßnahmen in der Gesetzesnovelle als wichtige Schritte in die richtige Richtung. Er kritisierte, dass es sehr lange gedauert habe bis zur Einbringung und deshalb nur zwei Wochen Zeit bis zur Verabschiedung verbleiben würden. In ihren Änderungsanträgen fordert die SPD, auch Wohngebäude in die PV-Pflicht mit einzubeziehen sowie die Wärmeplanung auch auf Kommunen mit weniger als 20.000 Einwohnern auszudehnen. „Wir müssen beim Klimaschutz mehr wagen“, forderte Gruber.
Die Akteure am Markt mitzunehmen und ihnen Anreize zu bieten, dafür plädierte Daniel Karrais (FDP). Er verwies darauf, dass nur wegen des Zertifikatehandels das Land seine Klimaschutzziele erreichen könne. Der Einfluss des Landesgesetzes sei dagegen nicht vorhanden. Er forderte, „nicht Ziele festzuschreiben, von denen wir nicht wissen, ob wir sie erreichen“. Die FDP will Anreize für klimafreundliches Handeln schaffen. „Gesetze retten das Klima nicht“, sagte Barrais.
Für die AfD hat der Klimaschutz dagegen, „das Potenzial, die Demokratie zu zerstören“. Man habe dadurch das Recht jeden als klimaschädlich zu verurteilen und als Klimakiller auszugrenzen und ihre bürgerliche Existenz im Namen ihrer Moral zu zerstören. „Im Namen des Klimaschutzes werden totalitäre Zustände in Kauf genommen“, sagte Klaus-Günther Voigtmann und verwies darauf, dass Themen wie Fahrverbote die aktuelle Debatte dominierten.