Corona-Pandemie: Land will Beteiligungsfonds einrichten

30.09.2020 
Redaktion
 

STUTTGART. Um langfristige volkswirtschaftliche Folgen und soziale Schäden abzuwenden „sowie die technologische und wirtschaftliche Souveränität, die Versorgungssicherheit und kritische Infrastruktur des Landes Baden-Württemberg in der Corona-Krise zu erhalten“, wird das Land einen Beteiligungsfond einrichten.

Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) lobte den Plan bei der Einbringung im Landtag als Ergänzung der "bereits bewährten" Programme von Land und Bund zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie. Es gehe um die mittel- bis langfristige Stabilisierung der Wirtschaft und darum, „die Systemkompetenz des Standorts zu erhalten“. Insgesamt wird die Landesregierung eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen, um „Unternehmen der Realwirtschaft Kapital mit Eigenkapitalcharakter zuzuführen“.

Grüne: "Wir stärken mittelständischen Unternehmen den Rücken"

Für die Grünen bekannte sich Andrea Lindlohr zu dem Grundsatz, der Staat sei nicht der bessere Unternehmer. Besondere Zeiten verlangten aber nach einem besonderen Vorgehen. „Wir stärken mittelständischen Unternehmen den Rücken und senden ein klares Vertrauenssignal an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“ Zwar sei die Arbeitslosigkeit aktuell erstmals wieder leicht gesunken. Baden-Württemberg stehe aber nicht allein, sondern sei auch von den Pandemie-Folgen in den europäischen Nachbarländern betroffen. Der Beteiligungsfond schließe die Lücke zum Stabilisierungsfond des Bundes. „Die Krise zehrt am Eigenkapital, und an Fremdkapital zu kommen, wird immer schwieriger“, so die Grüne. 

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„Es geht immerhin um eine Milliarde Euro“, so Claus Paal (CDU), „und es geht um den Mittelstand, den Maschinenraum unseres Landes.“ Der Fond richte sich an Unternehmen mit guter Zukunftsperspektive, die aber keine anderen Möglichkeiten hätten, an Geld zu kommen. Ziel sei Aufkommensneutralität für den Landeshaushalt und dass die Mittel wieder zurückfließen. Zur Wahrheit gehöre aber auch, „dass wir nicht alle Unternehmen und alle Arbeitsplätze werden retten können“, bekannte Paal. Es komme auf eine wohldosierte Anwendung des Fonds an: „Liebe Schaffer und Tüftler, wir sind bei euch.“

"Gesetzentwurf hat eine Leerstelle"

Auch die SPD will dem Gesetzentwurf zustimmen. Der Mannheimer Abgeordnete Boris Weirauch kritisierte allerdings die „Trödelei“. Denn schon im März sei die Einrichtung angekündigt worden, „und fast sieben Monate nach der Ankündigung haben wir jetzt einen Gesetzentwurf auf dem Tisch liegen, es ist aber noch kein einziger Euro geflossen“. Zupackende Hilfe schaue anders, „aus auf diese Weise komme die wirtschaftspolitische Feuerwehr gut ein halbes Jahr zu spät“. Außerdem habe der Gesetzentwurf „eine Leerstelle“, weil die Arbeitnehmerinteressen nicht berücksichtigt und Gewerkschaften bisher nicht eingebunden seien. Da müsse nachgebessert werden bis zur endgültigen Verabschiedung.

Er fühle sich wie in der Volkskammer, denn „die Staatsregierung strebt nach sozialistischer Planwirtschaft“, klagte AfD-Fraktionschef Bernd Gögel. Schon Ludwig Ehrhardt habe gewusst, „dass die Grundlage aller Marktwirtschaft die Freiheit des Wettbewerbs ist, weshalb sie vor staatlichen Eingriffen geschützt werden muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben“. Handstreichartig vollführe jetzt ein CDU-geführtes Wirtschaftsministerium eine ökonomische Kehrtwende „und lässt das utopische Konstrukt namens Stamokap fröhliche Urständ‘ feiern“. Das führe „zu den volkseigenen Betrieb VEB, die wir aus DDR-Zeiten noch sehr gut kennen“. Da mache die AfD nicht mit.

Erik Schweickert beklagte „als überzeugter Liberaler", wie es die Landesregierung an einer überzeugenden "Exit-Strategie für den Ausstieg aus den Unternehmensbeteiligungen vermissen lässt". Bei größeren Beteiligungen durch das Land müsse unbedingt der Landtag beteiligt werden. Bürgschaften der L-Bank seien nur bis zur Grenze von 20 Millionen Euro ohne Landtagsbeteiligung möglich. Und es könne nicht wie bei der Commerzbank auf Bundesebene sein, dass der Staat auch zehn Jahre nach dem Einstieg noch der bedeutendste Teilhaber eines Unternehmens ist: Zu jeder Beteiligung muss daher klar gesagt werden, wann und wie diese beendet werden soll, denn zur Prüfung eines Einstiegs gehört auch die des Ausstiegs.

 

 


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