Kretschmann verteidigt Rekordneuverschuldung

30.09.2020 
Redaktion
 

Stuttgart. Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) hat die 13,6-Milliarden-Euro-Neuverschuldung des Landes angesichts der Corona-Krise als zwingend notwendig gerechtfertigt. Und sie hat mit der Einbringung ihres milliardenschweren Nachtragshaushalts eine Grundsatz-Debatte zur Verschuldung des Landes ausgelöst. „Zu sparen oder kürzen würde die Krise verschärfen, deshalb tun wir das auch nicht“, so Sitzmann.

Der Nachtragshaushalt sei ein großer finanzieller Kraftakt und eine Belastung für die Zukunft. Aber das Land wolle und werde sich nun mit allen Mitteln gegen die Krise stemmen. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verteidigte das Vorgehen der Landesregierung. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke stellte dagegen „eine verfassungsrechtliche Prüfung in Aussicht“.

Verabschiedung des Nachtragshaushalts am 14. Oktober geplant

Zum ersten Mal, aber nicht zum letzten Mal debattierten die Abgeordneten am Mittwoch über den Nachtragshaushalt: Die Verabschiedung ist für den 14. Oktober vorgesehen. SPD-Fraktionschef Andreas Stoch kritisierte, dass weitere Hilfen nicht früher auf den Weg gebracht worden sind und zugleich wie viele der insgesamt 147 Maßnahmen mit der Pandemie überhaupt nicht zu tun hätten. Er kenne keinen Baum, der sich mit Corona infiziert hat", so Stoch angesichts Hilfen für ForstBW. Rülke sprach sogar von Corona als „Alibi für die größte Schuldenorgie aller Zeiten“. Der eigentliche Grund sei die Landtagswahl. Grün-Schwarz gehe als die Landesregierung in die Geschichte ein, die die meisten Schulden angehäuft habe.

CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart ging darauf ein, wie das Land den Kommunen hilft: „Mit den fast drei Milliarden Euro stehen wir für kommunale Krisenlasten ein, denn wir ersetzen mit zwei Milliarden Euro ihre Ausfälle.“ Damit trage das Land Verantwortung für morgen und auch für übermorgen, werde doch gesetzlich festgelegt, wie die Schulden zurückgezahlt werden müssen: „Deshalb haben wir nicht 60 Jahre oder 50 Jahre gesagt, wie das übrigens Nordrhein-Westfalen beschlossen hat, sondern haben gesagt, in einer Generation, in 25 Jahren.“ Das sei fair und vertretbar, „auch gegenüber unseren Kindern und Enkeln“.

Alle Debatten vom 30. September 2020

Für die Grünen-Fraktion erläuterte ihr Vorsitzender Andreas Schwarz zwei weitere große Bausteine neben der Stärkung der Kommunen. So sei mit 800 Millionen Euro eine Rücklage gebildet worden zur Pandemievorsorge. Damit gehe Baden-Württemberg deutlich ambitionierter vor als andere. Außerdem lobte der Schwarz das Investitionsprogramm „Zukunftsland Baden-Württemberg stärker aus der Krise“. Für ganz gezielte Investitionen würden 1,2 Milliarden Euro Verfügung gestellt. Damit sei klar: „Sollte sich zeigen, dass unsere Risikovorsorge nicht ausreicht, dann hat die Pandemiebekämpfung Priorität; dann können Mittel in die Pandemierücklage überführt werden.“

Der finanzpolitische Sprecher der AfD-Fraktion Rainer Podeswa warf der Regierung vor, „mit dem Nachtragshaushalt in eine ideologisch getriebene Scheinzukunft zu investieren“. 14 Milliarden neue Schulden sei nahezu ein Drittel der 45 Milliarden Euro Schuldenlast, die alle Regierungen zusammen in den 68 Jahren seit Gründung von Baden-Württemberg aufgehäuft haben. Allein die Tatsache, dass diese neuen Schulden erst in Jahrzehnten getilgt sein sollten, „grenzt nicht an, sondern erfüllt wahrscheinlich den Tatbestand der Veruntreuung von Steuergeld“.

Kretschmann sprach von einem großen Kraftakt und nahm die Finanzministerin vehement in Schutz. „Ich gebe zu, da kann es einem schon mal im flau im Magen werden“ bei solchen Zahlen. Das Land müsse aber vor einer zweiten Corona-Welle geschützt werden, aus der konjunkturelle Krise geführt werden und den Strukturwandel meistern. Er sprach vom Nachtragshaushalt als gute Gemeinschaftsleistung, die Grüne und CDU zusammen hinbekommen haben. Und das sei alles andere als selbstverständlich in der Endphase einer Legislaturperiode.


Ihre Ansprechpartner

Sie haben Fragen oder Anregungen?
Hier finden Sie Ihren Ansprechpartner.

Kontakt

Titelbild Staatsanzeiger